KdiH

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67a.0.4. Toruń, Biblioteka Uniwersytecka, Rps 76/V (ehem. Königsberg, Staats- und Universitätsbibliothek, Hs. 886)

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 7

Datierung:

Drittes Drittel 14. Jahrhundert.

Lokalisierung:

Deutschordensgebiet.

Besitzgeschichte:

Der Band kam zusammen mit Nr. 67a.0.2. am 31. Juli 1544 aus dem Ordenshaus in Tapiau in die Königsberger Schlossbibliothek (seit 1918 Königsberger Staats- und Universitätsbibliothek), nach 1945 verschollen, Anfang der 1980er Jahre in der Universitätsbibliothek Toruń von Dietrich Schmidtke wiederentdeckt.

Inhalt:
1va–279vb Thomas von Aquin, ›Catena aurea super Marcum‹, deutsch
Handschrift Mc A
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 280 Blätter (von ursprünglich 286, je ein Blatt fehlt vorn und hinten sowie vor Bl. 42, 54, 132, 195; moderne Blattzählung oben rechts 1–279 [nach Bl. 150 eines ungezählt]; 1r leer, zweispaltiger Schriftspiegel eingetragen), 425 × 320 mm, zwei Spalten, 45 Zeilen; Textualis, nach Päsler (2000, S. 73) möglicherweise ab 215ra ein zweiter Schreiber, rote Kapitelüberschriften und Unterstreichungen, Namen der zitierten Autoren in Rot, zweizeilige Initialen in Rot und Blau zu den Anfängen der Bibelstellen und Kommentare.

Schreibsprache:

ostmitteldeutsch.

II. Bildausstattung:

14 Deckfarbenminiaturen auf Goldgrund erhalten (1va, 2rb, 4ra, 20va, 31ra, 67ra, 92va, 109ra, 166va, 207va, 219vb, 231va, 256rb, 270vb). Vermutlich ursprünglich 18 Illustrationen, von denen mit den fehlenden Blättern vor Bl. 42, 54, 132, 195 die vier Miniaturen zu den Kapiteln 4, 5, 9 und 11 mit großer Wahrscheinlichkeit verloren gingen.

Format und Anordnung:

Die Miniaturen sind jeweils zu Beginn der größeren Abschnitte, also der Vorrede und der Kapitelanfänge, platziert, zur Vorrede jedoch eine zweite Illustration eingefügt (2rb). Die leicht hochrechteckigen, gerahmten Bilder nehmen jeweils Spaltenbreite und etwa ein Drittel der Spaltenhöhe ein (über 14–17 Zeilen, etwa 105 × 85 mm). Die schwarz eingefassten Rahmen mit einfarbigem Grund und farbig abschattiertem Fleuronné-Ornament, z. B. blauer Grund mit etwas hellerem Muster (2rb) oder Rot mit weißem Muster (31ra). An den Rahmen setzen überwiegend Ranken oder seltener Fleuronné (z. B. 1va, 31ra) an, die den Text auf den Seitenrändern einfassen. Die geradlinig geführten Ranken (z. B. Dornblatt, Akanthus, Eicheln), die stark stilisierten Blattformen sowie eine regelmäßige Farbverteilung, bei der die gegenüberliegenden Blätter einer Ansatzstelle denselben Ton aufweisen, lassen die Ranken sehr geometrisch und wenig vegetabil erscheinen.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Illustrationen sind auf die Figuren ausgerichtet, die vor einem meist polierten, nur ausnahmsweise mit Rankenwerk ornamentierten Goldgrund (67ra, 92va, 219vb) platziert sind. Attribute und Angaben zum Ort der Handlung sind, wenn vorhanden, sehr reduziert, zuweilen fehlt jeder Hinweis auf den Ort des Geschehens (31ra, 109ra, 270vb) oder beschränkt sich auf einen schmalen, steinigen Terrainstreifen als Handlungsbühne (20va, 166va). In den meisten Szenen erscheint Jesus, dessen Figur meist die gesamte Bildhöhe einnimmt, allein oder in Begleitung der Apostel, gewöhnlich auf der linken Bildseite, die Hände in beredter Geste erhoben. Ihm gegenüber sind diejenigen positioniert, an denen er Wunder wirkt, sei es durch Heilung (20va, 31ra) oder Speisung (109ra), es sind seine Gegner, die Heuchler (92va, 166va), oder die zu Belehrenden (67ra). Auch die übrigen Vorbilder des Glaubens, der bewidmete Kardinal Hannibaldo (1va), der Prophet Jesaja (2rb), der Evangelist Markus (4ra) erscheinen nach rechts gewendet. Eine schlüssige Gestaltung dreidimensionaler Objekte wird nicht beherrscht, wie die wiedergegebenen Gestühle (1va, 2rb, 4ra, 256rb) und Gebäude (20va, 207va) zeigen. Auf eine einheitliche Proportionierung wird zuweilen zugunsten einer Bedeutungsperspektive verzichtet (z. B. der Gelähmte 20va; Pilatus 256rb). Die Physiognomien sind wertend differenziert. Jesus, die Apostel und die sich Bekehrenden oder gläubigen Zuhörer weisen harmonische Gesichtszüge auf, während die im Profil wiedergegebenen Heuchler (92va, 166va) und Hohepriester (31ra, 231va) mit deutlich grobschlächtigeren Köpfen charakterisiert werden. Auffälliges, aber ungeklärtes Detail bleiben die schwarzweiß gemusterten Ränder der Nimben und Gewandsäume, bei denen nicht zu entscheiden ist, ob es sich um eine stilistische Eigenart des Malers oder ein eigenwillig wiedergegebenes bzw. missverstandenes Accessoire wie Perlenbesatz oder Pelzverbrämung handelt. Die äußerst sorgfältige Ausführung, der kostbare Goldgrund und ein präziser Auftrag der Deckfarben, in feinen Abstufungen mit dezenten Weißhöhungen und deutlichen schwarzen Konturen zeugen von einer anspruchsvollen Ausstattung. Bemerkenswert ist schließlich die bereits mehrfach bemerkte stilistische Nähe zu den Miniaturen der ›Prophetenübersetzung‹ des Klaus Kranc (KdiH Nr. 14.0.2., Bd. 2, Abb. 65, 67; Herrmann [1935] S. 254).

Bildthemen:

Die Miniaturen setzen jeweils die unmittelbar folgende Textstelle des Abschnittbeginns bildlich um. Die Vorrede eröffnet ein Dedikationsbild (1va), die Übergabe des Buches durch den knienden Thomas von Aquin in Mönchskutte an Kardinal Hannibaldo, im Text Ambaldo, dem der Band gewidmet ist. Ein zweites in die Vorrede eingefügtes Bild zeigt eine Lehrszene mit dem Propheten Jesaja (2rb). Die zwölf erhaltenen Miniaturen zu den Kapitelanfängen des Evangeliums setzen mit einem Autorbild des auf einen Rotulus schreibenden Evangelisten Markus ein (4ra). Darauf folgen überwiegend Lehrszenen und Heilungen: Heilung des Gelähmten (20va, Kap. 2), Heilung des Mannes mit der dürren Hand am Sabbat (31ra, Kap. 3), Jesus als Lehrer in der Synagoge (67ra, Kap. 6), Jesus im Disput mit den Heuchlern, den gliznere (92va, Kap. 7), Speisung der 4000 (109ra, Kap. 8), Jesus disputiert mit den Gleißnern, ob ein Mann seine Frau verlassen dürfe (166va, Kap. 10), Gleichnis von den bösen Winzern (207va, Kap. 12), Jesus prophezeit zwei Jüngern den Untergang Jerusalems (219vb, Kap. 13), Beratung der Hohepriester, wie sie Jesus festnehmen und töten möchten (231va, Kap. 14), Jesus vor Pilatus (256rb, Kap. 15), Drei Frauen am Grab (270vb, Kap. 16). Dem deutlich erkennbaren System des strikten Bezugs der Bilder auf den unmittelbar nachfolgenden Text zufolge dürften die Miniaturen vor den verlorenen Kapitelanfängen das Gleichnis vom Sämann (Kap. 4, vor Bl. 42), die Heilung des Besessenen von Gerasa (Kap 5, vor Bl. 54), die Verklärung Christi (Kap. 9, vor Bl. 132) und den Einzug Jesu in Jerusalem (Kap. 11, vor Bl. 195) veranschaulicht haben.

Da jedem größerem Abschnitt gewöhnlich nur eine Illustration zugeordnet wurde, stellt die zusätzliche Einfügung einer zweiten Miniatur in der Vorrede eine auffällige Abweichung dar. Da sie einer Textstelle zugeordnet ist, die sich mit den Heiden und ihrem Heil beschäftigt, dürfte sie mit dem besonderen Interesse des Deutschen Ordens am Thema des Heidenkampfes bzw. der Heidenbekehrung, dem eigentlichen Ziel des Ordens, zu begründen sein. Gestützt wird dies durch den Umstand, dass der Prophet Jesaja in der Übersetzung der zugehörigen Textpassage Vocationem gentium et causam salutis earum Isaias propheta manifesto praenuntiat oraculo ... über die Heiden spricht: Die ladunge der Heiden und die sache ihres heiles ..., sundir ich han dich den Heiden zu eyme lichte gegeben ... (Hörner [2012] S. 12, Z. 15, 20). In der Illustration wird die Interpretation der zu belehrenden Völker als Heiden ikonographisch gestützt. Denn im Gegensatz zu dem als Lehrer präsentierten Propheten Jesaja, der mit einem Judenhut und einem Pallium ausgestattet ist, tragen seine knienden Zuhörer, deren vorderster die Arme demütig überkreuzt, spitz aufragende weiße Hüte, die sich deutlich von den Darstellungen der übrigen Juden unterscheiden.

Farben:

Gold, Blau, Zinnoberrot, Grün, Rosa, Ocker.

Literatur:

Päsler (2000) S. 73f. – Steffenhagen (1867) S. 571, Nr. XLIV; Herrmann (1935) S. 233–241; Schmidtke (1988) S. 354, 359, Abb. 4, S. 371 (4r); Karłowska-Kamzowa (1988) S. 133–136, 145, Abb. 8, 9 (4r, 109r); Päsler (2008) S. 196; Hörner (2012) S. 1–5, Frontispiz (4r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XLII: 109ra. Speisung der Viertausend.

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Taf. XLII.