67.9.1. Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Hdschr. 300
Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser
KdiH-Band 7
Nach 1480 (vgl. Datum auf Bl. 1).
Nürnberg (?).
Die Handschrift stammt aus dem Besitz des Nürnberger Bürgers Linhart Eckmanshofer, der selbst als Buchmaler belegt ist (Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. quart. 1861; vgl. Nr. 59.13.1. [Historienbibeln], dort ohne dessen Lokalisierung nach Nürnberg; vgl.
*2r–*4v | Register | |
1. | 1r–120v | Beichtlehre eines Franziskaners vom schlafenden Sünder |
2. | 122r–160v |
Predigten und Gebet auf Maria
122r–131v auf Mariae Verkündigung; 132r–152v auf Marias Tod und Himmelfahrt; 153r–157v auf die Tugend Marias Lere vnd lobe von der […] jungkfrawen Maria wie sie worden ist eyn muter Gottes vnd eyn muter der sunder […]; 158r–158v Gebet O Du gutigste herscherin vnd du suesse heilige jungkfraw Maria […]
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3. | 161r–175r | Predigten vom richtigen Beten und vom christlichen Leben Ein lere vnd predig wie man peten sulle vnd was da gehör zu eim zymlichen gepeet |
4. | 175r–246r |
Lehren vom christlichen Leben
175r–177r Vom reinen Herzen
177r–178v Über Tugend und Untugend 179r–181r Vom christlichen Leben als Kind Marias und Bruder Jesu Christi 181v–182v Von den sechs Werken der Barmherzigkeit und ihrem Nutzen 182v–184r Von der Schädlichkeit der Sünden 184v–185v Vom Schweigen und Reden 186r–189r Vom Wort Gottes und seinem Nutzen 189v–191v Vom wahren Frieden 193r–201v ›Die geistliche Geißel‹ 202r–204r Von richtiger und bewährter Reue 204r–206r Über die Wege zur Sündenvergebung 206r Über die richtige Beichte 206v–209r Über die täglichen Sünden 209v–213r Über die zwölf Wege, Sündenerlass zu erlangen 213v–218r Über die richtige Buße 218v–227v Über die sieben Sakramente als Heilmittel gegen Sünden 227v–229v Über den Nutzen des Leichnams Jesu Christi 229v–232v Über zwölf Tugenden der Seele 234r–237v Über drei Arten von Menschen in ihrer Betrachtung des Leidens Christi 238r–246v Über den Nutzen der Betrachtung des Leidens Christi (= ›Stimulus amoris maior‹, pars I, cap. 4) |
Papier + Pergament (Bl. I, II; Abschrift einer Nürnberger Privaturkunde von 1460 auf dem vorderen Vorsatzblatt), *4 (Titel, drei Registerblätter, gesondert arabisch gezählt) + 251 Blätter (mit roter römischer Zählung, davon 246 beschrieben, ein Registerblatt und die Blätter 69, 192 und 233 fehlen, ein Blatt nach 150 wurde vor der Zählung entfernt, Lagenzählung auf der jeweiligen ersten Rectoseite, 121r und 247–251 leer), 210 × 155 mm, 21–24 Zeilen, eine Hand, sorgfältige Bastarda (Cursiva libraria), Rubrizierungen (Kapitelüberschriften, dreizeilige Initialen, Unterstreichungen, Strichelungen).
nordbairisch-ostfränkisch.
Zu den Texten 1 und 2 insgesamt dreizehn mit Wasserfarben kolorierte Federzeichnungen (2r, 9r, 12v [ganzseitig], 18r, 26r, 35r, 43r, 48v, 82r, 90r, 98v, 101r und 121v [ganzseitig]), davon zwölf zum Beichttraktat, die letzte zur anschließenden Marienpredigt. Ein Zeichner (Linhart Eckmanshofer?). Das fehlende Blatt 192 (192v) enthielt vielleicht eine Zeichnung und den Titel zum 193r folgenden Text ›Die geistliche Geißel‹ (vgl. Untergruppe 44.8., ohne diese Handschrift).
Zwei ganzseitige Bilder (12v und 121v), die anderen etwa halb- bis dreiviertelseitig (65–120 × ca. 100 mm), in Schriftspiegelbreite, jeweils dem betreffenden Textstück vorangestellt. Die Bilder 18r und 26r scheinen in ihrer sinngemäßen Reihenfolge vertauscht.
Fein ausgeführte Miniaturen, anfangs (Sünder befindet sich auf der Blumenwiese) ohne Rahmen, danach ab 43r mit je zweifarbigem Rahmen (Handlung im Innenraum einer Kirche bzw. 121v im Haus Marias); durchgehend je ein oder zwei Schriftbänder oder umrahmte Beischriften, die zum Teil gereimt sind. Die einzelnen Bildelemente werden mehrfach wiederholt, die Details genau gesetzt: Der Sünder als junger Mann mit langem blonden Haar, modischer Kleidung und spitzen Schuhen, später im Büßergewand; zu Beginn (bis zur Bereitschaft zur Umkehr) befindet er sich auf einer Blumenwiese (Symbol für die sündige Welt); der mahnende Engel; der Mönch ist zu Beginn stets barfuß dargestellt, später im Beichtstuhl (ab 82r) mit Sandalen; der Kirchenraum als Ort der Umkehr mit Gewölbe, Säulen, Fenstern, Kachelboden, im letzten Bild zusätzlich ein Altar mit dreiflügeligem Bildaufsatz, Hostienkelch, Kerzen. Schöne schwungvolle Faltenwürfe.
Die zwölf Bilder zeigen den jugendlichen Sünder zwischen Teufel und Engel, seinen Weg aus dem Sündenschlaf und der Verzweiflung nach dem Erwachen zu Beichte und Buße mithilfe eines Franziskanermönchs als Lehrer und Beichtvater:
2r | (Textbeginn) Schlafender Sünder liegt auf einer Blumenwiese, ein Teufel hält seinen Kopf |
9v | Ein Engel weckt ihn |
12v | Hinter dem schlafenden Sünder Meer mit Fischen und anderen Tieren, über ihm der engel des hochen rats (Engel der Apokalypse, ausgedeutet als Christus) mit Flügeln in Strahlenkranz, in der linken Hand ein Buch, die rechte zum Himmel erhoben, der rechte Fuß auf dem Meer, der linke auf Erdreich stehend, am Himmel eine dunkle Wolke, aus der Hagel niederfällt |
18r | Sünder stehend, er zerschneidet mit dem Messer seine Fesseln der Sünde, gegenüber ein Engel |
26r | Ein Barfüßermönch überreicht dem Sünder das Messer der Hoffnung zum Zerschneiden des Stricks der Verzweiflung, mit dem er vom Teufel gehalten wird |
35r | Mönch, jetzt als Beichtvater auf Beichtstuhl in gewölbtem Kirchenraum sitzend, ihm gegenüber noch auf der Wiese stehend der Sünder |
43r | Sünder, mit Rosenkranz in Händen, zur Beichte bereit, mit dem Mönch zusammen im Kirchenraum |
48v | Vollzug der Beichte, Mönch sitzend, Sünder, jetzt als Büßer in langem schwarzen Gewand, kniet vor ihm, im Hintergrund Altar mit Kruzifix und Kerzen, zwei Männer als Zuschauer |
82r | Katechetische Belehrung, Kirchenraum, Mönch und Büßer (wie 48v), hinter dem Büßer ein Schutzengel |
90r | Lehren zur Beichte (wie vorhergehendes Bild) |
98r | Beichtvater erteilt Absolution (wie vorhergehendes Bild) |
101r | Segen (wie vorhergehendes Bild, dazu im Hintergrund Glocke, Altar mit dreiflügeligem Bildaufsatz, Hostienkelch, Kerzen) |
121v | (vor der Verkündigungspredigt): Verkündigungsszene, geschlossener Raum, über dessen Balkendecke eine Stadt auf Hügeln sowie rechts oben Gottvater oder Christus als Halbfigur mit segnenden Händen. Der Raum ist durch eine verriegelte Tür geschlossen, drei Fenster mit Butzenscheiben, an der Wand über Maria eine Sanduhr, gekachelter Boden. Engel Gabriel ohne Flügel, im Mantel und mit Lilienstab in der Hand, kniet vor Maria, die vor einem Lesepult mit aufgeschlagener Bibel (Isaias Prophezeiung) steht. |
Lavierende Wasserfarben. Brauntöne, Rotbraun, Rot, Grün, Türkis, Ockergelb, Blau, Grautöne, Inkarnat, Deckweiß, Schwarz.
Taf. XXXIXa: 12v. Schlafender Sünder mit dem Engel der Apokalypse; dahinter: Meer und Hagel.
Abb. 106: 18r. Sünder zerschneidet seine Fesseln der Sünde.