KdiH

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26A.29.1. Kassel, Universitätsbibliothek – Landes- und Murhardsche Bibliothek, 4º Ms. Hass. 115

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 3

Datierung:

1493–1515.

Lokalisierung:

Marburg und Frankenberg/Eder.

Besitzgeschichte:

Für Wilhelm III. von (Ober-)Hessen (1471–1500) begonnen, jedoch nach dessen frühem Tod weiter im Besitz Wigand Gerstenbergs und von diesem fortgeführt. Vermutlich seit Beginn in der 1580 von Landgraf Wilhelm IV. gegründeten Landesbibliothek. Die Handschrift ist vor allem im Bereich der illustrierten Textsequenzen stark abgenutzt; nachträgliche Kritzeleien in den Federzeichnungen (insbesondere beigefügte Bärte, auch Rötungen von Lippen und Wangen) lassen sich im Hinblick auf eine Nutzung als Bilderbuch durch heranwachsende Kinder der Landgrafen erklären. 2005 restauriert.

Inhalt: Wigand Gerstenberg, Landeschronik von Thüringen und Hessen
1r–269r Chronik Thüringens und Hessens bis 1247

darin:

154v–247v Leben und Wunderzeichen der heiligen Elisabeth

248r–261v Wunderzeichen des seligen Landgrafen Ludwig von Thüringen

262r–263v Tugenden des Bruders Kurt (Konrad von Herlesheim)

269r–332v Chronik Hessens von 1246 bis 1417
333r–344v Nachträge bis 1515 (Tod Wilhlems I., des Älteren, von Hessen)
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 344 (neu gezählte) Blätter (mitgezählt sind auch eingeheftete Zettel mit Malanweisungen u. a.; originale Folierung bis 340 [= 344]), ca. 205 × 150 mm, durchschnittlich 39 Zeilen, einspaltig, Kursive, Autograph Wigand Gerstenbergs, der die Handschrift als Arbeitsexemplar führte und deren Zusammensetzung ständig änderte (Nachträge, Rasuren, Überklebungen, Austausch von Blatteilen, Zufügung und Entfernung von Blättern etc.); rote Überschriften, Lombarden über drei Zeilen, Unterstreichungen. 344v Benutzernachträge zu den Jahren 1524 und 1549; weitere Benutzereinträge unterschiedlicher Zeitstufen an den Randstegen.

Schreibsprache:

oberhessisch.

II. Bildausstattung:

45 Federzeichnungen: 5v, 6v, 7r, 8r, 9r, 9v, 10v, 13r, 14r, 15r, 16v, 28v, 35v, 36v, 37r, 37v, 39v, 41r, 42r, 42v, 44r, 45r, 45v, 46r, 47r, 48r, 51r, 57v, 60r, 62r, 63r, 64v, 65v, 270r, 270v, 271v, 273r, 275r, 276v, 277r, 278r, 279r, 289r, 290v, 291v; eine Hand. Raum für 215 weitere Illustrationen ausgespart.

Format und Anordnung:

halb- bis ganzseitig (ausnahmsweise 140v–141r auch doppelseitig vorgesehen) zwischen dem Text. Die ausgeführten Zeichnungen mit einfacher linearer Rahmung, die zum Teil das Format des Schriftspiegels aufnimmt, dieses jedoch häufig beträchtlich überschreitet. Mit Bildbeischrift (in Rot oder Schwarz, inner- oder außerhalb der Einfassung) dem zugehörigen Text nachgestellt; Bildbeischriften auch für die nicht ausgeführten Zeichnungen.

Bildaufbau und -ausführung:

Realisiert sind Zeichnungen im Anfangs- und im Mittelteil der Chronik, jedoch auch hier nicht durchgehend. Die Zeichnungen sind bis auf wenige in Rot, Blau und Gelb ausgeführte heraldische Motive (nicht mehr ab 270r) unkoloriert. Nach der Ausführung wurden von Schreiberhand zuweilen Personen- und Ortsbezeichnungen als Inschriften eingefügt, gelegentlich sind noch anschließend zeichnerische Ergänzungen vorgenommen worden. Dieses Ineinandergreifen von Schreib- und Zeichenschritten (vgl. Klaus Niehr: Im Schrift- und Bildkontext. Die Zeichnungen zu den Chroniken Wigand Gerstenbergs und ihr Ort im Text. In: Wigand Gerstenberg von Frankenberg [2007], S. 77–94) zeugt von einer wohl äußerst engen Zusammenarbeit zwischen Gerstenberg und dem Zeichner, eine Identität beider ist aber eher auszuschließen.

Differenzierte Konturzeichnung in lockerer, teilweise mehrfach ansetzender Strichführung, Modellierung durch weiche Schraffuren und Häkchen. Der meist hoch angesetzte Horizont läßt die Betrachterposition wie von einer höheren Warte erscheinen, dies ermöglicht auch die Hintereinanderstaffelung mehrer Szenen in versatzstückhafter Kombination. Handlungsambiente sind meist Hügellandschaften, über denen der Himmel nicht angegeben ist. Interieurs wirken ebenfalls aufgeklappt, die Raumtiefe wird ausgenutzt, selten ist ein Akteur in vorderster Bildebene plaziert; die Bildeinfassung nur ein Mal zu einem Architekturrahmen erweitert ( 42v). Bei der Szenengestaltung ausgesprochene Detailfreude; Landschaften sind durch Laubbaumgruppen und mäandernde Wege akzentuiert, Burg- und Stadtansichten weisen sehr oft individuelle architektonische Detailinformationen auf, Kriegsbilder zeigen eine Vielfalt von (geschichtlich anachronistisch eingesetzten) Waffen und Geschützen, Darstellungen vom Burgen- und Klosterbau gewähren Einblicke in spätmittelalterliche Alltagskultur. Harald Wolter–von dem Knesebeck (Zu den Zeichnern der beiden Chroniken Wigand Gerstenbergs. In: Wigand Gerstenberg von Frankenberg [2007], S. 65–76) erkennt sowohl in den Kompositionsformen als auch im Typenrepertoire der Personen- und Raumcharakterisierung Verwandtschaft mit dem Meister des ›Wolfegger Hausbuchs‹ (siehe Stoffgruppe 49.). Als Vorbild für Orts- und Personendarstellungen kommt gelegentlich die Schedel’sche Weltchronik in Frage.

Bildthemen:

vgl. die Abdrucke der Malanweisungen in: Wigand Gerstenberg von Frankenberg (2007) S. 325–336 (ausgeführte Illustrationen) sowie S. 341–373 (ausgeführte und nicht ausgeführte Illustrationen). Die ausgeführten wie die nur vorgesehenen Zeichnungen beziehen sich thematisch vor allem auf Schlacht- und Belagerungsschilderungen, Berichte über Städte-, Burgen- und Klosterbau sowie auf die Vorstellung von Regenten und kirchlichen Würdenträgern. Letzteres – die ganzfigurige Darstellung von Herrschaftspersönlichkeiten mit ihren Wappen in Einzel- oder Gruppenporträts – strukturiert den Zyklus; angefangen mit der (nicht ausgeführten) Darstellung Alexanders des Großen ( 1v) bis hin zur (ebenfalls nicht ausgeführten) Darstellung Landgraf Wilhelms des Älteren und Landgraf Wilhelms des Mittleren mit Frauen und Kindern (341v). Einen Sonderstatus hat in diesem Rahmen neben den (zumeist ausgeführten) Bildern zur Missionstätigkeit des heiligen Bonifatius (28v–42v) besonders der (durchwegs nicht ausgeführte) Zyklus narrativer Bilder zum Leben der heiligen Elisabeth (155r–244r bzw. 263v). Nur in letzterem Zusammenhang waren längere Passagen ohne Illustrationen vorgesehen: Wunderzeichen der heiligen Elisabeth 220r–236v, Wunderzeichen Elisabeths, Ludwigs und Tugenden des Bruders Kurt 244r–263v.

Literatur:

Die heilige Elisabeth in Hessen [Ausstellung Marburg 1983]. Bearb. von Walter Heinemeyer u. a. Marburg 1983, Nr. 95, S. 130 f., Abb. 32–34 (268v, 272r, 273r); Broszinski (1985) Nr. 18, S. 107–111, Abb. S. 109 (51r); Hessen und Thüringen – Von den Anfängen bis zur Reformation. Eine Ausstellung des Landes Hessen. [Ausstellung Marburg/Eisenach 1992]. Marburg / Wiesbaden 1992, Nr. 336, S. 207; Wigand Gerstenberg von Frankenberg (2007) passim, mit Abb. aller ausgeführten Zeichnungen (Abb. 1–45); Ulrike Bodemann: Vom Lächeln im Leiden. Beobachtungen an Bildzyklen zum Leben der heiligen Elisabeth in spätmittelalterlichen Legenden und Chroniken. In: Christa Bertelsmeier-Kierst (Hrsg.): Elisabeth von Thüringen und die neue Frömmigkeit in Europa. Frankfurt a. M. usw. 2008 (Kulturgeschichtliche Beiträge zum Mittelalter und der frühen Neuzeit 1), S. 295–312, bes. S. 306–311.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 188. 276v/277r. Schwur des Markgrafen von Meißen / Burg Rheinfels.

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Abb. 188.