103.6.1. Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 48
Bearbeitet von Kristina Freienhagen-Baumgardt
KdiH-Band 10
1440/1445 (
Klosterneuburg.
Die Handschrift wurde wohl für das bis 1568 bestehende Klosterneuburger Chorfrauenstift St. Maria Magdalena gefertigt (Argumente hierfür bei
1. | 1r–9v | Predigt von der Fastenzeit |
2. | 9v–55v | Sechs Bußpredigten |
3. | 55v–122v |
Acht Predigten über Laster und Tugenden
Fortsetzung unter Nr. 5
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4. | 122v–173v | Neun Predigten von den acht Seligkeiten |
5. | 173v–194r |
Drei Predigten über Laster und Tugenden
Fortsetzung von Nr. 3
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6. | 194r–244r | Neun Predigten von Gottes- und Nächstenliebe |
7. | 244r–257v | Predigt vom Übel des Privateigentums im Kloster |
8. | 257v–358r | Zwölf Predigten zum Dekalog |
358v–360v | Verzeichnis der Predigtthemen |
Papier und Pergament, I + 361 Blätter (äußerstes und innerstes Doppelblatt jeder Lage aus Pergament, diese Blätter einige Millimeter kleiner als die Papierbogen), 410 × 290 mm, Bastarda, ein Schreiber (auch Klosterneuburg, Cod. 6), zweispaltig, 35–37 Zeilen, rote Unterstreichungen, Auszeichnungsstriche von Anfangsbuchstaben, Interpunktionsstriche und Paragrafenzeichen (ab 42v auch blaue Paragrafenzeichen), rote Lombarden, rote und blaue Fleuronné-Initialen am Beginn der Predigten und der Unterabschnitte, im Fleuronné 43va das Wappen des Stiftes Klosterneuburg, Initialen und Fleuronné sind einem Klosterneuburger Florator zuzuweisen, der diese Formen in einer Vielzahl Klosterneuburger Handschriften eingesetzt hat (Verborgene Schönheit [1998] S. 48).
bairisch-österreichisch.
Historisierte Deckfarbeninitiale mit Autorbild (1ra). Werk des sog. Albrechtsminiators.
Die zwölfzeilige Eingangsinitiale – die einzige Illustration innerhalb der Handschrift – ist das Werk des sogenannten Albrechtsminiators (grundsätzlich zu ihm MeSch V [2012] S. 58–63), der in Klosterneuburg vor allem mit historisierten Initialen in Erscheinung trat (auch in den lateinischen Klosterneuburger Codices Nr. 6, 47, 56 und 124). Die mit blauen Akanthusranken gefüllte U-Initiale ist auf rechteckiges Blattgold gesetzt, im Binnenfeld lassen sich vor einem für den Albrechtsminiator typisch roten, ornamental mit goldenen Filigranranken gestalteten Hintergrund weiß gekleidete Chorfrauen erkennen, die sitzend mit gesenktem Blick dem auf einer hölzernen Kanzel stehenden Prediger lauschen. Sie tragen Kopf- und Halsbinde und haben den schwarzen Schleier offenbar zurückgelegt. Wie häufig beim Albrechtsminiator wirken auch hier die Figuren starr, die Körper zeichnen sich kaum unter den Gewändern ab und die Gruppe der Schwestern ist in engen Raumschichten hintereinander gestaffelt, so dass von den hinteren Schwestern nur der obere Teil des Kopfes sichtbar ist. Nur hierdurch sowie durch die Schrägstellung der Kanzel entsteht ein Raumeindruck. Auch die in Redegestik erhobene Hand des Predigers sowie sein leicht nach vorne geneigter Kopf wirken unbewegt und erstarrt. Bei den Schwestern entsteht nur durch unterschiedliche Armhaltungen (verschränkt, im Schoß liegend) eine gewisse Varianz. Die Handschrift enthält nur Predigten des Nikolaus von Dinkelsbühl, so dass die Initiale als Autorbild des predigenden Nikolaus aufgefasst werden kann.
Rot, Blau, Grau, Gelb, Weiß, Blattgold.
Abb. 28: 1r. Nikolaus von Dinkelsbühl predigt den Augustiner-Chorfrauen.