KdiH

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103.3.2. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2829

Bearbeitet von Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 10

Datierung:

1444 (1v). Federzeichnung 1447 (1r).

Lokalisierung:

Niederösterreich.

Besitzgeschichte:

Auftraggeber und Erstbesitzer der Handschrift war hanns hofkircher (313r), der als Besitzer auch für weitere Handschriften nachweisbar ist (Wien, Cod. 3039, Cod. 3060, Cod. Ser. n. 20239, zur Biografie siehe Nr. 26A.14.28.). Richter (1969, S. 91) zeichnet die Geschichte des Geschlechts Hofkircher nach; er nimmt an, dass die Handschrift im 17. Jahrhundert im Rahmen der Konfiszierung der Familiengüter nach Wien gekommen ist.

Inhalt:
1v–313ra Berthold von Regensburg, Predigten

Sigle W (y*-Gruppe vgl. Richter [1968] S. 27, Richter [1969] S. 10f.)

darin: 40vb–46va Berthold von Regensburg, ›Von den Zeichen der Messe‹
197rb–206ra David von Augsburg, ›De exterioris et interioris hominis compositione‹, deutsch, Auszug
Ein Iunger begert von seinem maister do er vonn im schollt varrnn ... bis keusch an allen dingen das hillft die got voll pringenn (vgl. Cgm 1119, 68ra–71ra; Cgm 5076, 205v–210r)
316ra–318rb Inhaltsverzeichnis
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 319 Blätter (Bl. 1 herausgeschnitten und mit der Rückseite nach vorne eingeklebt, 1r und 1v also vertauscht), 284 × 215 mm, gotische Eilschrift, eine Hand, zweispaltig (2r–318r, nur 1v einspaltig ), 26–34 Zeilen, rote Überschriften, Strichel, Beistriche, am Anfang schwarzer Zierbuchstabe mit Goldfüllung, sonst rote, blaue, auch zweifarbige Initialen.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch.

II. Bildausstattung:

Zwei kolorierte Federzeichnungen (1r, 1v), zwei Maler.

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

Ursprünglich eingeleitet wurde die Handschrift durch einen 13 Zeilen umfassenden einspaltigen Text (heute 1v), in dem die Handschrift datiert und die nachfolgenden Predigten Berthold von Regensburg zugewiesen werden. Über dem Text befindet sich ein rotes Spruchband mit den Worten hin ist hin (zur Interpretation des Eintrags s. unten). Unter der einleitenden Textspalte befindet sich mittig eine etwa zehn Zeilen hohe rot-schwarze Federzeichnung (später ergänzt?), die einen Prediger mit halbhoch in Richtung eines Kreuzes erhobenen Händen zeigt. Eine Zeigehand deutet ausgehend von der letzten Zeile des Einleitungstextes – Hie prueder perchtoldz puch all tag – auf die Figur. Von ungeübter Hand mit wenigen Strichen ist die Figur über dem Boden schwebend seitlich gezeigt, die Tonsur des frontal erfassten Kopfes charakterisiert die Figur als Ordensmann. Er trägt ein weit ausgeschnittenes, wadenlanges Kleid, dessen Faltenwurf durch fahrig hingeworfene, wellenförmige Striche markiert wird, dazu rote Strümpfe und schwarze Schuhe sowie am Rücken einen halblangen, roten Umhang mit Kapuze. Die Ähnlichkeit dieses Elements sowie der Physiognomie und der Handhaltung des Predigers mit der Darstellung auf dem Autorbild deutet – wenn auch in der Ausführung nicht geglückt – darauf hin, dass der Zeichner sich am Autorbild orientiert hat, mithin diese kleine Illustration später entstanden ist. Welche Bedeutung der roten, neben dem Kreuz befindlichen Blume zukommt, ist unklar.

Dem folgt das ursprünglich dem Einleitungstext nachfolgende Autorbild (heute 1r), das drei Jahre nach dem Text gefertigt wurde und ganzseitig in einer in kräftigen Farben kolorierten Federzeichnung den Prediger Berthold von Regensburg zeigt, erkennbar an der franziskanischen Ordenstracht und dem mittig über den Prediger gesetzten Spruchband mit der Aufschrift Das ist prueder perichtolt der predinger (in Rot darunter: Anno domini mccccxlvij jar). Berthold predigt, die Hand in »rhetorischer Geste erhoben« (Unter Druck [2018] S. 109), im Freien auf einer Kanzel zu einer unterhalb auf einer Wiese sitzenden kleinen Gruppe bunt gekleideter Zuhörer*innen unterschiedlicher Stände. Vom Himmel herab fliegt zu ihm der Hl. Geist in Form der Taube. Vor ihm liegt aufgeschlagen ein Buch, aus dem ein Spruchband mit der Beschriftung nu merckcht auf flattert, was als Rede aus Bertholds Mund aufgefasst werden kann. Die Gesichter der Zuhörerschaft wirken in der holzschnittartigen Ausführung und Überzeichnung auf den heutigen Betrachter »karikierend« (Hamburger in: Unter Druck [2018] S. 109, so bereits Stammberger [2003] S. 94). Von den zehn Zuhörer*innen blicken wenige zu Berthold, einige wenden ihm den Rücken zu, sehen vor sich auf den Boden oder ansonsten in eine andere Richtung. Ein kleines schwarzes Teufelchen hält sich am Hut eines links unter der Kanzel sitzenden Juden fest (Stammberger [2003] S. 94 und Hamburger in: Unter Druck [2018] S. 109f.; dagegen als eine Frau identifiziert in Franziskus – Licht aus Assisi [2011] S. 325 und Rob-Santer [2016] S. 130, Abb. 14), möglicherweise ein Reflex darauf, dass Berthold in seinen Predigten die Juden häufig kritisierte. Hamburger (Unter Druck [2018] S. 109) stellt diesbezüglich eine Verbindung zum Eintrag am Ende des Bandes her, der das Wappen des Besitzers einfasst: hin ist ist (sic) hin / da leihent dy Juden nit auf. Auf der Wiese neben der Kanzel schläft eingerollt ein Hund. Hinter dem Prediger befindet sich eine detailgenau mit farbigem Butzenfenster und figürlichem Buntglasfenster (Unter Druck [2018] S. 109) gezeichnete Kirche, vor deren Eingang zwei Franziskanermönche stehen, die sich in lebhaftem Gespräch mit einem jungen Mann in weißem Habit befinden, der ein rotes Buch in der Hand hält und unglücklich auf den vor ihm stehenden Franziskaner blickt, der mit strengem Blick auf das Buch zeigt. Stammberger (2003, S. 94) interpretiert die Szene als Treffen weiterer Ordensangehöriger, die »voller Neid auf das Buch des Berthold blicken.« Die Farben sind deckend aufgetragen, Faltenwurf und Schatten werden durch den Farbauftrag, verschiedene Farbtöne und aufgetragene Striche intensiv erfasst.

Auffällig ist die große Ähnlichkeit zur Illustration des Predigers Berthold von Freiburg auf der Kanzel im Wiener Codex 4142 (ausführliche Beschreibung mit Abbildung unter Nr. 67.2.3.). Koller (1959, S. 128) erklärt dies damit, dass »in der Erinnerung späterer Zeiten [...] die Gestalten der Prediger zu einer Persönlichkeit verschmolzen [...]«.

Farben:

Grün, Blau, Rot, Weiß, Braun, Schwarz.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 24: 1r. Berthold von Regensburg predigt.

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Abb. 24.