10.0.2. Salzburg, Universitätsbibliothek, M III 36
Bearbeitet von Gisela Fischer-Heetfeld
KdiH-Band 1
1. Hälfte 15. Jahrhundert.
Basel (?).
1. | 236r–239r | Die sieben Planeten, lateinisch und deutsch |
2. | 239v–242v | Die Sieben freien Künste, lateinisch und deutsch |
Papier, neun Blätter, 408 × 292 mm, Bastarda, eine Hand, einspaltig, rote Initialen, Beischriften, Paragraphenzeichen, Strichelung.
alemannisch.
16 kolorierte Federzeichnungen, sieben zu Text 1, neun zu Text 2 (239v, 240r, 240v, 241r, 241v, 242r, 242v, 243r, 243v), ein Zeichner.
Auf den sieben großformatigen Blättern 239v–242v übereinander je zwei gleich große, doppelt gerahmte Rundbilder (Dm. 140 mm), oben auf der Seite drei bis vier Zeilen deutscher Text, zwischen den Rundbildern eine bis zwei Zeilen lateinischer Text. Die Bezeichnungen der Artes oben links, die ihrer Repräsentanten rechts neben dem Rundbild beigeschrieben. 243r und 243v zwei ganzseitige ungerahmte Miniaturen mit eingefügten Textzeilen und Spruchbändern.
Im oberen Rundbild die Personifikationen der sieben freien Künste, im Rundbild darunter ihre Repräsentanten (Magister Priscianus, Magister Tulius, Magister Aristoteles, Magister Boecius, Magister Euclides, Magister Pittagoras, Kung et Magister Ptolomeus), vor einem aufgeschlagenen Buch sitzend und in lebhaftem Gestus in die Höhe deutend. Ein Wolkenband scheidet die irdische von der allegorischen Sphäre. Jede der Artes verrichtet eine Tätigkeit, die mit der Herstellung und Verwendung eines Rades in Verbindung steht: 239v Gramatica fällt einen Baum, 240r Retorica bearbeitet das Holz, 240v Loyca fertigt die Radnabe an, 241r Arismetrica fügt die Teile zusammen, 241v Geometria bemißt mit dem Zirkel den richtigen Abstand, 242r Musicabringt mit dem Hammer das Glockenrad zum Klingen, 242v Astromia (!) visiert mit dem Quadranten das »Himmelsrad«. 243r Die Himmelsreise der Theologie: Auf einem Wagen sitzt die gekrönte Sacra Theologia,in der Linken eine Rundscheibe mit dem Antlitz Christi; die drei Artes des Triviums ziehen das Gefährt hinauf, die vier des Quadriviums schieben je ein Rad an, Petrus Lombardus schreitet geißelschwingend hinterher. 243v Albertus Magnus sitzt wie die Vertreter der Artes vor einem aufgeschlagenen Buch und deutet nach oben auf ein Schemabild des Makrokosmos mit konzentrischen Kreisen und vier Köpfen (Orient, Occident, Boreas, Auster).
Sichere, flüssige Führung der dünnen Federstrichlinien, wenig Schraffuren, Modellierung durch lavierte Farbbahnen. Die Mädchengestalten meist im Dreiviertelprofil gegeben, in einfach fallenden, gegürteten Gewändern, variierte Frisuren.
Die Sieben freien Künste mit ihren Repräsentanten (239v–242v), die Himmelsreise der Theologie (243r), Albertus Magnus deutet auf das Bild des Makrokosmos (243v).
Laviertes Grün, Karmin, Ocker, stumpfes Hellblau, Grau, Schwarz; für Kreise des Makrokosmos außerdem Zinnober, Violett, Olivgrün.
Zu den Illustrationen von Text 1 siehe Nr. 11. Astrologie/Astronomie.
Bildthemenliste und Auswahl von Bildseiten auf der Website der Abteilung für Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Salzburg: http://www.ubs.sbg.ac.at/sosa/handschriften/MIII36.htm
Abb. 170: 240v. Frau Loyca fertigt eine Radnabe an, darunter Aristoteles als Repräsentant der Logik.