KdiH

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91.0.6. Stockholm, Kungliga Biblioteket, Vu 82

Bearbeitet von Katharina Glanz

KdiH-Band 9

Datierung:

Zwischen 1480 (S. 67) und 1541 (S. 317).

Lokalisierung:

Børglum/Nordjütland.

Besitzgeschichte:

Der Codex ist an mehreren Stellen datiert: S. 67: Søn dag for med faste aar 1541, S. 76: 1541 sowie S. 317: Ar Cristi gudz byrd MCDLXXX sancte Marie Magdalene afften i Børlum (21.7.1480). Es gibt jedoch keine Hinweise zu Entstehung und Eigentümer. Am unteren Seitenrand des Vorsatzes findet sich eine Bleistiftnotiz des 19. Jahrhunderts mit Bezug zum Wappen im Initialbuchstaben S. 1: Vapnet liknar bisk i Boeglum Jep Friies. Jacob Friis war Bischof von Børglum von 1456 bis 1486. Der Wappenschild auf dem Vorsatz ähnelt dem seines Siegels und Grabsteins. Die vollständigere Form auf S. 1 stimmt mit dem Familienwappen der Skaktavl-Friis’erne überein. Nach Hjorth (1960) kann das Wappen auch Niels Stygge aus der Familie der Rosenkrantz’erne, seit 1478 Probst, ab 1487 Bischof zu Børglum, zugeordnet werden. Einmal wird der Ort Børglum/Nordjütland erwähnt. Das muss aber nicht bedeuten, dass die Handschrift im gleichnamigen Kloster entstanden ist (Kurras [2001] S. 93), auch wenn sie unter Klosterbiblioteker registriert worden ist. Denn das Prämonstratenserkloster Børglum wurde 1540 säkularisiert. Über das Schicksal der Klosterbibliothek ist nichts bekannt. Der Weg des Codex nach Stockholm liegt weitgehend im Dunklen. Nach dem handschriftlichen Katalog von 1734 kam dieser 1693 aus dem Antikvitetsarkiv in die Königliche Bibliothek. Der vordere Spiegel unten mit alter Archivsignatur. Zahlreiche weitere Inventarvermerke und Inhaltsangaben.

Inhalt: Sog. ›Jütische Sammlung‹ / ›Børglumer Handschrift‹
Fasz. I
1. S. 1–7 ›Des Kranichhalses neun Grade‹
mit Textverlust zwischen S. 3 und 5
2. S. 8–48 ›Farbentracht‹
3. S. 48–64 ›Liebesgespräch‹ III
Fasz. II
4. S. 65–67 Fünf niederdeutsche Sprüche
S. 68 Gekröntes Monogramm, nicht identifiziert
5. S. 69–76 ›Lehren für eine Jungfrau‹
6. S. 77–96 ›Rat der Vögel‹
7. S. 97–105 ›De vos unde de hane‹
8. S. 106–116 ›Der Trinker‹
9. S. 117–130 Chronikalische Aufzeichnungen
10. S. 130–138 Gottfried von Franken, ›Pelzbuch‹
Sigle s, Exzerpte mit vier dänischen Zusatzkapiteln
Fasz. III
11. S. 139–317 ›Karl Magnus’ Krønike‹
S. 318–321 Gotisches Schmuckalphabet
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier (mit zwei Pergamentblättern eines Vollmissales des 13. Jahrhunderts als Spiegel), I + 162 Blätter (mit Blattverlusten zwischen S. 3 und 5, paginiert auf allen ungeraden Seiten 1–323), 212 × 153 mm, drei Hände (I: S. 1–64, S. 139–317, Bastarda; II: S. 65–85, Cursiva; III: S. 85–138, Fraktur), einspaltig, 13–34 Zeilen, Kapiteltrennung durch Überschriften oder Tintenstriche, Rubrizierungen, Lombarden, Fleuronné-Initialen.

Schreibsprache:

Faszikel I + II: mittelniederdeutsch; Faszikel III: dänisch.

II. Bildausstattung:

Zwei Miniaturenfragmente (Vorsatzblatt verso und S. 26), vier Wappeninitialen ohne Textbezug sowie ab S. 31 insgesamt 24 Initialen mit Drolerien.

Format und Anordnung:

Einfache Federzeichnungen, Anordnung im Text und Format der Zeichnungen variierend.

Bildaufbau und -ausführung:

Einfache Federzeichnungen ohne Bildraum und Perspektive. Die Zeichnungen wirken trotz des bisweilen greifbaren Versuchs einer detailreichen Ausführung eher plump und die Bewegungen steif. Die Konturen sind deutlich erkennbar. Farbe kommt nur spärlich zum Einsatz, die Palette ist beschränkt. Keine Modellierung mittels Farbauftrag oder aufgesetzten Lichtern. Versuch einer tiefenräumlichen Gestaltung durch Federstriche. Insgesamt durchaus abwechslungsreiche, jedoch ungeschickt wirkende Arbeit. Die Bildanlage sowie ein bisweilen greifbarer Textbezug sprechen für die gleichzeitige Anlage von Texten und Bildern.

Bildthemen:

Miniaturenfragmente: Vorsatzblatt (verso) Fragment einer Männergestalt und einer Palme sowie Reste weiterer Figuren. In der Mitte des oberen Bildteils Reste eines Ringes (Mandorla?), der im Hinblick auf Schachbrettmuster und Farbe Bezug zur Wappeninitiale auf der gegenüberliegenden Seite nimmt. Die Bilder sind so stark zerstört, dass man nicht sagen kann, ob es einen Textbezug gibt. S. 26: Fragment einer Randzeichnung, die in der Ausführung jener des Vorsatzblattes ähnelt. Etwa in Höhe der Textmitte rechts am inneren Blattrand in Rot gezeichnetes Fragment eines Mannes (Kopf, Oberkörper, Arme). Über der Stirn steht ein Kreuz. Diese Zeichnung könnte in engem Bezug zum gegenüberliegenden Text der Farbentracht (Passage aus der Lehre der Frau Minnebrand, V. 472–658) Jesus Christus als Meister der Ehrenhaftigkeit darstellen.

Drolerien: Gezeichnet sind stets aus dem Buchstaben wachsende groteske Köpfe, oft mit Schellen an Nase oder Bart. Einige Male werden sie von größeren Vögeln begleitet. Eine Parallele finden diese Zeichnungen in den grotesk gezeichneten Köpfen der Gewölbezwickel mehrerer Kirchen Mecklenburg-Vorpommerns (u. a. Greifswald, St. Nikolai, Kirchen in Neuenkirchen und Verchen), wobei dort die teils mittels Beischriften ›sprechenden‹ Köpfe ebenfalls weltlich humoristischer Art sind (Vgl. DI 77, Greifswald, Nr. 113 [Jürgen Herold, Christine Magin], in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di077g014k0011302). Punktuell greifbarer Textbezug, z. B. S. 64: Kopf eines jungen Mannes, der auf Dänisch Koes meg sagt, was die Versprechungen der Dame im Text des ›Liebesgesprächs‹ wörtlich illustriert.

Farben:

Miniaturen überwiegend in Schwarz und Rot ausgeführt, daneben selten Orange und Gelb.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 144: S. 26. Christus.

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Abb. 144.