KdiH

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78.0.2. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 364

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band

Datierung:

2. Viertel 14. Jahrhundert (Illustrationen später, siehe unten II.).

Lokalisierung:

Ostfranken (Bamberg?).

Besitzgeschichte:

Möglicherweise in einer klösterlichen Schreibwerkstatt zusammen mit Heidelberg, Cod. Pal. germ. 383 und 404 als Teil einer Gesamtausgabe der Werke Wolframs von Eschenbach entstanden, vielleicht als Teil der Bibliothek des Bamberger Bischofs Lamprecht von Brunn (um 1320–1399) von König Ruprecht von der Pfalz 1408 erworben, in der älteren Schlossbibliothek 1556/59 als Parcefall vnd Lorangrin auf Perment geschriben verzeichnet, aus dieser Zeit der 1r eingetragene Bibliothekstitel Parcefall vnd Lorangrin, 1581 im Inventar der Heiliggeistbibliothek verzeichnet Parcefall vnd Lorangrin alte reymen geschrieben perm. gleichs bunds (d. h. gleicher Einband wie Heidelberg, Cod. Pal. germ. 383 und 404).

Inhalt:
1. 1ra–111ra Wolfram von Eschenbach, ›Parzival‹
Fassung *G
2. 113ra–151rb ›Lohengrin‹
Hs. A
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, III + 152 + II Blätter (Vor- und Nachsatz Papier, Foliierung des 17. Jahrhunderts 1–151, Bll. 1*, 1**, 2*, 152*–154* mit moderner Zählung), 454 × 303 mm, Textura, eine Hand (zugleich Hand A in Heidelberg, Cod. Pal. germ. 383 und 404), zweispaltig, 56 Zeilen, Text 1 Versalienspalte und Verse abgesetzt, Text 2 strophenweise abgesetzt, Versenden meist durch Punkte markiert, unterschiedliche Ausstattung der beiden Texte, Text 1 auf 1ra Initiale mit Drachenkopf über 16 Zeilen, 1ra–111ra sechs- bis neunzeilige Initialen in Blau und Rot mit Besatzfleuronné (meist violett) und Fadenausläufern (z. B. 17rb, 24ra, 74va), Lombarden unterschiedlicher Größe, für größere Abschnitte über sechs bis neun Zeilen, für Sinneinschnitte (meist Dreißiger) über drei bis vier Zeilen abwechselnd in Rot und Blau, rote Überschriften, Versalien rot gestrichelt, Text 2 auf 113ra sechszeilige Initiale in Blau und Rot mit violettem Fleuronné und Fadenausläufern, 113ra–151rb Lombarden am Beginn der Strophen, Durchstreichungen von Text in Rot.

Schreibsprache:

1ra–111ra ostfränkisch mit bairischen Formen; 113ra–151rb bairisch (Vorlage?) mit wenigen ostfränkischen Formen.

II. Bildausstattung:

Eine Federzeichnung (112v). Zwei Hände.

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen, Farben:

112v zeigt zwei Bogenschützen, die nach ihren Kopfbedeckungen als Lohengrin und Parzival zu identifizieren sind. Die beiden Figuren sind versetzt auf dem sonst leeren Pergament angeordnet und wurden von zwei verschiedenen Händen im Abstand einiger Jahre eingetragen. Zunächst dürfte der Ritter, der in der oberen linken Ecke mit angespanntem Bogen nach vorne zielt, in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts, etwa um 1380, entstanden sein. Die Zeichnung mit schwarzer Tinte zeigt glatte Umrisse und eine geradlinige Strukturierung der Oberflächen. Harnisch und Waffenrock zeigen ein flächiges Muster, das nicht auf die Gestaltung plastischer Volumen ausgerichtet ist.

Diagonal nach rechts unten versetzt, schließt sich der zweite Bogenschütze an, der in Schrittstellung nach oben zielt. Bei seiner Platzierung wurde auf die schon vorhandene Figur des ersten Ritters Rücksicht genommen, indem sein Bogen dessen Standfuß hinterschneidet. Seine Ausführung mit wesentlich feinerem Strich und hellerer Tinte zeigt zarte Binnenzeichnung und Schraffuren zur plastischen Ausarbeitung der Figur an Kopf und Beinen. Der Figurenbildung, insbesondere dem auffällig gewölbten Oberkörper nach dürfte sie in die Zeit um 1400 zu datieren sein.

Die Kopfbedeckungen legen nahe, in den Bogenschützen die Protagonisten der beiden Romane zu sehen. Die (Narren-)Kappe mit den angedeuteten Eselsohren ist als Attribut Parzivals bekannt, wie ihn die Illustrationen der Berner Handschrift (siehe Nr. 99.0.1.) vor Beginn seiner Ritterschaft zeigen (23r, 28v, 29v). Die fein behaarten Beinkleider des Bogenschützen finden dort ebenfalls eine Entsprechung. Der Federschmuck am Helm des oberen Bogenschützen kann als Schwanenfeder und damit als Verweis auf Lohengrin aufgefasst werden.

Literatur:

Miller/Zimmermann (2007) S. 241–243. – Cramer (1971) S. 14; Matthews (2016) S. 149.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 137: 112v: Lohengrin und Parzival als Bogenschützen.

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Abb. 137.