KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

59.11.1. Dessau, Anhaltische Landesbücherei, Hs. Georg. 7b

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

Zweite Hälfte 15. Jahrhundert (wohl um 1475).

Lokalisierung:

Thüringen/Anhalt?

Besitzgeschichte:

Aus der Sammlung des Fürsten Georg III. (1507–1553, Dompropst in Magdeburg, später protestantischer Bischof in Merseburg), die nach 1600 nicht mehr vermehrt wurde; gelegentliche Kritzeleien (Bärte), auch die fragmentarische Kritzelei 130v könnten auf Benutzung durch Kinder im 16. Jahrhundert deuten. Einband des 16. Jahrhunderts, Pergamentfälze (1959 ausgelöst und seither vermisst) u. a. aus einer durch Adolf von Anhalt-Zerbst (1458–1526) als Bischof von Merseburg (1514–1526) ausgestellten Urkunde. Bis 1926 in der Herzoglichen Schlossbibliothek zu Köthen (Signatur Ff 17), dann vom Freistaat Anhalt für die Anhaltische Landesbücherei angekauft.

Inhalt: Historienbibel VII, Alte Ee (›Köthener Historienbibel‹)
Ira–Vvb Register
Schluss fehlt
2ra–va Prologe
Anfang fehlt
2va–349va Genesis bis Makkabäer II
349va–350ra Nachwort Nu wil ich disßer biblie eyn ende machen vnd thud myr nod vnde ist eyme leyen gnugk also vil dynges vnde heymlicher schrifft czu wisßen …
Schluss fehlt
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 354 Blätter (alte Zählung V + 350 Blätter; die Blätter VI und 1 fehlen, 350 fragmentarisch), 365 × 262 mm, zweispaltig, 48–50 Zeilen, Bastarda, ein Schreiber, rote Überschriften und Strichel, rote und blaue Lombarden über zwei bis drei Zeilen an den Kapitelanfängen.

Schreibsprache:

thüringisch.

II. Bildausstattung:

516 kolorierte Federzeichnungen. Wohl ein Zeichner.

Format und Anordnung:

halbseitig in querrechteckigem Format über zwei Spalten oder seltener viertelseitig in Spaltenbreite, meist mit Federstrich linear eingefasst, bei Sonderformaten wird auf Einfassung verzichtet (2v ersetzt ein kreisförmiges Wolkenband die Randung), 11v, 243v u. ö. L-förmig, d. h. das halbseitige Format einspaltig erweitert. Oft mehrere Bilder in unterschiedlichen Formatkonstellationen (halb- und viertelseitig) auf einer Seite, 26v Untergang Sodoms: ganzseitig, jedoch in zwei horizontale Bildzonen unterteilt, 282r Klagen Jeremias: vier viertelseitige Einzelbilder symmetrisch um den mittig platzierten Text angeordnet u. ä.). Rote Über- oder Unterschriften, denen der Zeichner jedoch in der Wahl seiner Motive nicht immer folgt.

Bildaufbau und -ausführung:

Szenen spielen auf vorderer Bildebene, Figuren nehmen die volle Bildhöhe ein, manchmal sind Köpfe oder Kopfbedeckungen vom oberen Bildrand abgeschnitten; in der Regel hintergrundlose, oben lediglich durch einen blauen Himmelsstreifen abgeschlossene Darstellungen, nur selten durchgearbeitete Stadt- oder Landschaftskulissen (57r unten: Aussetzung und Auffindung Moses), wo vom Text verlangt (Eroberung von Städten u. ä.) wird lediglich der Ausschnitt einer Stadtansicht ins Bild gesetzt (vgl. aber die autonomen Stadtlandschaften 128r–v: Mose stiftet die Freistädte oder 320r: das neu erbaute Jerusalem). Die Figuren agieren auf kargen Bodenstücken, die meist bis zur mittleren Bildhöhe reichen, selten bestückt mit Steinen oder Gräsern; vor allem, wenn nur ein bis zwei Akteure dargestellt sind, setzt sich das Terrain wellig bis in die Hügel des Hintergrunds fort, Baumreihen und gewundene Wege deuten Raumtiefe an. Innenräume sind meist nur durch anderen Boden und durch Requisiten markiert (etwa Vorhänge, für die der obere Bildrand die Vorhangstange bildet: 42v, 47r), nicht architektonisch ausgebaut; Einblicke in streng strukturierte Innenräume ohne dekorative Ausstattung (41r) oder stereotyp gebaute Opferstätten erfassen nie deren Deckenabschluss. Im Mittelpunkt steht die Personengestaltung: sehr exakt, anatomisch genau, in sehr abwechslungsreichen Körperhaltungen; mit ausgeprägtem Detailrealismus werden Gewänder, Kopfputze, Harnische dekoriert (z. B. die Harnischgarnitur Goliats mit konkav gewölbter Tartsche 202v–204v); dabei Kombination aus Phantasiemodellen und zeitgenössischen Kostümen, wobei auffallend modische Formen (etwa beim Kopfputz Esters) fehlen.

Vorzeichnung in brauner Tusche, anfangs mit reicher Binnenzeichnung in kurzen Stricheln, später flüchtiger und auf Kontur beschränkt; mit Pinsel malerisch und zeichnerisch (Schraffen) überarbeitet, unter Einbeziehung des Papiergrunds als weiße Fläche. Zeichentechnik und lichte Farbigkeit weist – ähnlich wie die ›Niederrheinische Historienbibel‹ (siehe Nr. 59.12.1.) – womöglich auf niederländisch-flämischen Stileinfluss.

Im Bildaufbau neben Einzelszenen auch kontinuierende Darstellungen, z. B. 28r (Geburt und Beschneidung Isaaks), 31v unten (Jakob trifft Rebekka, Abraham empfängt Rebekka), 46v (Josef und Potifars Weib, Anklage Josefs) u. ö.

Bildthemen:

(Bildthemenliste siehe Busch [1941]): Obwohl von direkten Bezügen nicht auszugehen ist, erinnern (bis Salomo) sowohl Einzelbilder wie 13r: die Hundsköpfigen, 135v: Mose verbietet Gaukler und unkeusche Weiber (zwei Männer sitzen in einem von zwei Drachen gezogenen Wagen) als auch die deutlich gliedernde Funktion der Illustrationen an Bildtypen der Historienbibel IIa: Hier wie dort wird der Geburt und dem Tod biblischer Figuren besondere Aufmerksamkeit gewidmet (8ra Geburt Noachs, 28r Geburt Isaaks, 32v Geburt Esaus und Jakobs, 37r Geburt Josefs, 43r Isaaks Tod, 54r Jakobs Tod, 55r Josefs Tod, 56r Geburt des neuen Pharao, 57r Geburt Moses, 147r Tod Moses, 162r Tod Josuas, 176r Geburt Simsons, 188r Geburt Samuels, 210r Tod Samuels, 225v Geburt Salomos, 240r Tod Davids); darüber hinaus vor allem im Pentateuch massive Betonung der Geschlechterfolgen (10r–10v Japhet, Ham und Sem mit ihren Nachkommen, 96r–99r die zwölf Stämme Israels, usw.). Dabei jedoch erheblich größere Bilderfülle als in den Historienbibeln aus der Gruppe IIa; zudem homogene Fortsetzung des Themenkreises über Salomo hinaus. Alle Textteile werden gleichmäßig dicht mit Illustrationen versehen, sogar den Klageliedern Jeremias sind Handlungsbilder beigegeben (280v–282r). Sehr enger Textbezug, der gelegentlich zu raschen, einem »Daumenkino« gleichen Sequenzen führt (Anbetung der Götter 18r–19r, Geschenke Jakobs an Esau 38r–40v, Mose auf dem Sinai 71r–78v, die zwölf Stämme Israels 96r–99r, u. ö.).

Farben:

helle, wässrige Töne, v. a. Altrosa, mattes Grün, Blassblau, Ocker in unterschiedlichen Ausmischungen, Gelb (auch für Gold), Grau, Braun, Schwarz; selten Rot (für Blut) oder Orangerot.

Mikrofiche-Ausgabe in: Die mittelalterlichen Handschriften der Anhaltischen Landesbücherei Dessau. Erlangen: Harald Fischer Verlag 1996.

Literatur:

Franz Josef Pensel: Verzeichnis der altdeutschen Handschriften in der Stadtbibliothek Dessau. Berlin 1977 (Deutsche Texte des Mittelalters 70,1), S. 12–15. – Vollmer (1912) S. 194–198, Nr. 87, Taf. VI (165v–166r), XX (3v–4r); Harald Busch: Die Illustrationen der Cöthener Historienbibel. In: Bibel und deutsche Kultur 11 [= Festschrift für Hans Vollmer zu seinem 70. Geburtstag] (1941), S. 37–57, Abb. 29–44 (61v–62r. 70v. 7r. 9v. 22v. 163v. 90r. 206r. 36r. 41r. 24v. 296r. 147r. 177r. 57r unten. 315v); Rothe (1966) S. 269, Taf. 126 (40r); Lülfing/Teitge (1981) S. 203 mit Abb. (40r); von Bloh (1993) S. 325–327, Abb. 20 (2v). 21 (3r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. VIII: 243v. Der Turmbau zu Babel.

59.11.1._Taf._VIII.jpg
Taf. VIII.