KdiH

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76.6.1. Vyšší Brod (Hohenfurt), Knihovna Kláštera (Stiftsbibliothek), Cod. 8b

Bearbeitet von Nicola Zotz

KdiH-Band 8

Datierung:

Mitte 15. Jahrhundert (Wachinger [1983/2004]).

Lokalisierung:

Hohenfurt?

Besitzgeschichte:

Wohl aus dem Zisterzienserstift Rein-Hohenfurt, dort bis heute aufbewahrt. Zwischen 1950 und 1991, als das Stift aufgehoben war, wurden die Handschriften zwar dort belassen, aber von der Wissenschaftlichen Bibliothek in České Budějovice (Budweis) verwaltet (Fink/Horyna/Salmen [1996] Sp. 353).

Inhalt:
1v–130v Hohenfurter Liederbuch
Teil 1: Geistliche Rufe in drei Zyklen (1v–64r), Teil 2: geistlich lieder […] in weltlichen weysen von ainem grossen sünder (65r–125r), Teil 3: Weihnachtslieder, deutsch und lateinisch, Osterlieder, ›Krautgartengedicht‹, Marienlied, Lied der Todeserwartung (125v–130v)
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, VII + 130 + 6 Blätter (Blattverlust nach Bl. 3 und 99), 140 × 100 mm, Textualis, ein Schreiber (gelegentlich Zusätze von anderer Hand), einspaltig, 28 Zeilen, Strophen- und Versanfänge durch rote Strichel gekennzeichnet, gelegentlich rote Überschriften und zwei- oder dreizeilige rote Initialen, 38 Melodien.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch.

II. Bildausstattung:

Drei unkolorierte Federzeichnungen zu Teil 2 (78r, 86r, 114r [nach Bl. 79 einzuordnen]), zwei Hände, Spuren eines eingeklebten und wieder abgelösten Bildes (24r).

Format und Anordnung:

Vor (24r, 78r) oder nach (86r, 114r) der roten Überschrift zum folgenden Lied eingefügte, fast ganzseitige und über den Schriftspiegel herausragende Federzeichnungen (das Bild auf 24r war halbseitig).

Bildaufbau und -ausführung:

Den Vordergrund in der Höhe maximal ausfüllende Figuren. Teufel und Sünder auf 78r ungelenker (der Sünder hat unterschiedlich große Augen, nur seine rechte Hand ist ausgeführt), aber obwohl die Figuren eine gewisse Statik auszeichnet, wirkt das Bild dennoch kraftvoll durch die vielen um den Sünder gewundenen Stricke. Die anderen beiden Bilder unterscheiden sich hiervon (daher nimmt schon Bäumker [1895, S. XI] zwei Zeichner an): In beiden Fällen wurde auf eine (durch den ersten Zeichner?) leicht perspektivisch gestaltete Landschaft (je im Vordergrund Bäume und Gras, im Hintergrund eine große Burg) eine Figur aufgeklebt. Bei diesen Figuren sind die Gewänder differenziert durch Strichel und Haken gestaltet (etwa die eng anliegenden Hosen auf 86r oder das Gewand, durch das sich der Unterschenkel abzeichnet auf 114r); die Gesichter sind durch große Augen, Grübchen und einen ernsten Ausdruck charakterisiert.

Bildthemen:

Die drei Bilder zu Teil 2 illustrieren als Dreischritt den in weltlichen Dingen verhafteten Sünder (78r), der seine Sünden immer wieder aufs Neue beklagt (114r), um sich schließlich von der Welt abzuwenden (86r).

78r: Ein Teufel (mit einem Horn, Krallen und Schwanz, Körper und Hosen [?] mit Augen besetzt) hat vier Stricke um einen Mann geschlungen, der durch sein Barett als Gelehrter gekennzeichnet und in betender Haltung dargestellt ist. Dies ist offensichtlich die Illustration der auf der Versoseite folgenden roten Liedüberschrift: Hie klagt sich der geuangen arm sünder verknüpft und verczogen in den stricken der sünt dar durch er het verlorn den herren. Das folgende Lied (Nr. 49) handelt wiederholt von den Fesseln der Sünde bzw. der (als Teufel zu verstehenden) Feinde.

114r: Die (auf 79v beginnende, auf 114r fortgesetzte) Überschrift, die auch als Titulus fungiert, erläutert: Mer ward der sünder ser petrübt vnd klagt sein gar armes verdämpliches leben […]. Wie auf 78r ist der Sünder als Gelehrter dargestellt, er hat die Hände in klagender Haltung vor der Brust verschränkt. Hinter ihm führt eine Brücke in eine (als Welt zu deutende) Burg. Dies entspricht der im Anschluss überlieferten Sündenklage (Nr. 50).

86r: Ein junger Mann, mit Schwert und Hüfttasche ausgestattet, ist mit ausgebreiteten Armen vor einer Burg zu sehen. Gemäß dem Titulus Hie schied sich der sünder von der welt vnd v̈berwand sich hat er die Burg, die auch hier für das Weltliche steht, soeben verlassen und freut sich darüber; Bild und Titulus sind auf das folgende Lied (Nr. 51) zu beziehen, einen Dialog zwischen dem Sünder und der Welt, an dessen Ende er sich von ihr lossagt.

Das heute fehlende Bild auf 24r befand sich vor der Überschrift zum Passionszyklus im 1. Teil: Item ainen rueff von dem gantzen leyden christi mitlauffund die schmerczen marie Auch von anfang mit der figur Abrahams. Möglicherweise war hier Abraham (das Opfer Isaaks?) als typologische Entsprechung zum Opfertod Christi dargestellt.

Literatur:

Bäumker (1895) S. IX–XVIII; Wachinger (1983/2004).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 123: 86r. Der Sünder wendet sich von der Welt ab.

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Abb. 123.