KdiH

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59.5.1. Wien, Schottenstift, Cod. 263 (Hübl 205)

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

Drittes Viertel 15. Jahrhundert (Wasserzeichen).

Lokalisierung:

Oberrhein/Westschwaben.

Besitzgeschichte:

1r Besitzereintrag: 15 KK 51 In Manus tuas domine commendo spiritum meum H(B?) fridtperg

Inhalt: Historienbibel IIb
1r–10v, 12r Register
zwischen 10v und 12r unvollständig
11r–v, 13r–439r Alte Ee auf der Basis von Historienbibel IIa mit Erweiterungen: Der anfangk geschuff got himel vnd erdtrich aber die erd was wan ein tail …
bis Kap. Von den zaichen in Jherusalem
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 439 Blätter (neuere Zählung, einige Blätter defekt und mit neuerem Papier ausgebessert, Blatt 12 ist wohl später eingesetzt mit der Fortführung des Registers bis Ende; Blatt 207 zusammengesetzt aus zwei Blättern, jedoch ohne Text- oder Bildverlust), am Schluss fehlen mehrere Blätter ohne Textverlust, 439v leer, ca. 305 × 210 mm, einspaltig, 28–29 Zeilen, Bastarda, ein Schreiber, rote Überschriften, Lombarden über drei Zeilen, Strichel. Am Rand Einträge eines Benutzers des 16. Jahrhunderts.

Schreibsprache:

niederalemannisch mit schwäbischen Merkmalen.

II. Bildausstattung:

274 kolorierte Federzeichnungen. 11r B-Initiale über zehn Zeilen auf Farbgrund, mit kurzen Ranken- und Blütenausläufern. Eine Hand. Mehrfach Ergänzungszeichnungen (original oder später?) mit schwarzem Kreidestift (90r, 92r, 259r, 413v u. ö.).

Format und Anordnung:

ungerahmte, querrechteckige Bilder unregelmäßigen Formats, halb- bis dreiviertelseitig, stets jedoch die Breite des Schriftspiegels überschreitend; mit Kapitelüberschrift, dem Text eines Kapitels vorangestellt. Bis Blatt 25r fehlen die Kapitelüberschriften; die Bilder 18v und 19v sind fälschlich in umgekehrter Reihenfolge eingefügt worden.

Bildaufbau und -ausführung:

hintergrundlose Federzeichnung mit schwarzer Tusche, in flüchtiger und raumgreifender, an- und abschwellender Linienführung. Figuren agieren auf Bodenstücken, die häufig mit aus drei Strichen zusammengesetzten Grasbüscheln bestückt sind; charakteristisch am unteren Rand des Bodenstücks vielfach ein mit der Feder gezeichnetes Kreuzgeflecht. Kennzeichnend für die Figurenzeichnung die merkwürdig zackigen Gesichtskonturen (besonders in der Augenpartie bei Viertelprofilen: gelegentlich wirken die Gesichter wie eine Mischung aus Viertel- und Vollprofil, z. B. 218v). Gesichtszüge werden in wenigen Strichen angegeben (kleine Augen, spitze Nase, schmaler Mund), oft verzerrt, Körperformen unproportioniert. Manchmal ist auch zeichnerisch sehr reduziert: 132v ein Reiterkörper mit zwei Köpfen, zwei Pferdeköpfe und angedeutet auch ein zweiter Pferderücken, aber Beine für nur ein Pferd (ähnlich 356r). Ähnlichkeit mit der Werkstatt von 1418 oder frühen Lauber-Produkten! Wie diese Vorliebe für Kringellocken, Beutelärmel, ausladende Zaddelärmel (111v). Dabei Neigung zu Verformungen, z. B. 79r das Bett umgeben von einer formlosen, blassgelb gefüllten Fläche. Zum Bildrand hin im Bogen »hochgezogene« Landschaften, die wohl räumliche Tiefe darstellen sollen (127v).

Bildthemen:

Die den Federzeichnungen vorangestellten Kapitelüberschriften fungieren nicht als Bildbeischriften, geben also nicht die Bildthemen an. Diese erweisen sich in den Partien, in denen der Text mit der Historienbibel IIa übereinstimmt, verwandt mit dieser. Auffallend z. B. die Übereinstimmung zum Thema Mose verbietet Gaukler, Zauberer und unkeusche Weiber: wie in Augsburg 2º Cod. 50 (Nr. 59.4.1.) und Dresden A 50 (Nr. 59.4.6.) stehen hier Frauen und Männer auf einem von Hähnen gezogenen Wagen (210v). Zäsuren setzen die übereinstimmend inszenierten Einsetzungen neuer Richter und Könige: Josua, Judas, Gideon, Saul (wobei bereits Judas und Gideon als Könige, nicht als Richter dargestellt sind); in die Darstellungen ist stets der Engel Gottes eingefügt. Die Textergänzungen aus anderen Quellen sind in gleichbleibender Dichte illustriert, wobei mehrfach nicht gewohnte, sondern eher wenig geläufige Motive ins Bild gesetzt werden: Zum Buch Rut etwa Boas am Bett Ruts, mit dem neugeborenen Obet ( 383v), zum Buch Tobias Tobias und Hanna (402v), zum Buch Ester keine Darstellung Esters, sondern Festmahl des Artaxerxes (411r) und Haman am Galgen (413v). Verständnisunsicherheit zeigt der Zeichner nur bei der Darstellung der Weissagung Deboras, wo diese als Mann erscheint (242r).

Farben:

schmutziges Olivgrün, Dunkelgrün, Orangerot, Violettrot, Blau, Grau, Blassgelb, ab der Mitte auch recht leuchtendes Gelb.

Literatur:

Hübl (1899) S. 221. – Vollmer (1912) S. 125–131, Nr. 50; Claudia Brandt: ›Historie‹ und ›Wissagunge‹. Beobachtungen zu Form- und Funktionstypen der Daniel-Überlieferung in Oberdeutschen Historienbibeln. In: Deutsche Bibelübersetzungen des Mittelalters. Beiträge eines Kolloquiums im Deutschen Bibel-Archiv, unter Mitarbeit von Nikolaus Henkel hrsg. von Heimo Reinitzer. Bern etc. 1991 (Vestigia Bibliae 9/10 [1987/88]), S. 375–384, hier S. 376. 382 f.; von Bloh (1993) S. 302–304, Abb. 74 (11r). 75 (13r). 76 (14r). 77 (15r). 78 (15v). 79 (16r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 29: 210v. Moses verbietet Gaukler und unkeusche Weiber.

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Abb. 29.