KdiH

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56.1.1. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Heid. Hs. 1012

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 6

Datierung:

Um 1460.

Lokalisierung:

Trier (?).

Besitzgeschichte:

Aus der Sammlung J. Barrois (1785–1855) in den Besitz Lord Ashburnhams (1797–1878) gelangt (früher Ashburnham-Place, Coll. Barrois, Nr. 486), beim Verkauf der Sammlung Barrois (London: Sotheby, Wilkinson and Hodge 1901) von Charles Fairfax Murray (1849–1919) erworben (Exlibris im vorderen Innendeckel), danach Eigentum der von Portheim-Stiftung Heidelberg (Karteikarte mit Inhaltsangabe und Stempel auf Ir geheftet), 1936 der Universitätsbibliothek Heidelberg – offiziell als Geschenk der Stiftung – übergeben (Vermerk auf der Aufbewahrungsschachtel), 2007 an die Josefine-und-Eduard-von-Portheim-Stiftung restituiert, seither als Dauerleihgabe in der Universitätsbibliothek Heidelberg.

Inhalt:
1. 1v–20r Augustijn, ›Der Herzog von Braunschweig‹
2. 24r–248vb Elisabeth von Nassau-Saarbrücken, ›Loher und Maller‹
3. 249ra–254vb Schondoch, ›Die Königin von Frankreich‹
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, II + 257 + II Blätter (moderne Bleistiftfoliierung; unbeschrieben: 20v–23v, 255r–257v), 285 × 206 mm, zweispaltig, Bastarda, zwei Hände (Werner [1975] S. 94), Schreiber 1: Text 1 und 3, 30–33 Zeilen, Schreiber 2: Text 2 (vgl. Kolophon 248vb: in den iaren M°cccc° lxiii von mir bruder Johan von Wormße prediger Ordens wonhafftig do czu male czu Treren), 22–35 Zeilen mit abnehmender Tendenz. Zu Text 1 zwölf Initialen, sieben- bis zehnzeilig, jeweils zu Beginn der auf eine Illustration folgenden Seite (2r, 3v, 5v, 7r, 8v, 10r, 11v, 13r, 14v, 16r, 17v, 19r), geformt aus Akanthusblattwerk, Drachenleibern oder in Unzialform, Federzeichnung mit blassen Tönen (gelb, blau, rosa) laviert oder ankoloriert, für Text 2 und 3 nur am Anfang des Textes je eine Initiale (24ra: 90 × 45 mm, 249ra: etwa 50 × 45 mm). Sämtliche Initialen stammen von einer Hand, daher ist eine zeitnahe Entstehung und Zusammenstellung der drei Texte anzunehmen (Werner [1975] S. 94). Bildtituli für Text 1 und Titel für Text 2 und 3 in roter Tinte, rote zweizeilige Initialen, öfters rote Füllung bis Zeilenende, Rubrizierung.

Schreibsprache:

südrheinfränkisch, stark mittelfränkisch untermischt (Klein [1994] S. 76).

II. Bildausstattung:

Zwölf kolorierte Federzeichnungen als Illustrationen zu Text 1 (1v, 3r, 5r, 6v, 8r, 9v, 11r, 12v, 14r, 15v, 17r, 18v) von einer Hand.

Format und Anordnung:

Abwechselnd zwei Textseiten und eine ganzseitige Illustration, nur zu Beginn einmal drei aufeinanderfolgende Textseiten (3v–4v). Die Illustrationen sind zwar ungerahmt, aber mit gerader äußerer Begrenzung im unteren Bereich entsprechend dem Schriftspiegel, entweder mit Feder dünn eingetragen oder durch Verwendung eines Lineals oder einer Schablone. Tituli zu den Illustrationen, in Rot eingetragen, befinden sich jeweils auf der vorangehenden Seite, oftmals bleibt hierfür nahezu eine ganze Spalte frei. Der folgende Textbeginn stets mit Zierinitiale, wobei es sich dabei inhaltlich nicht immer um einen neuen Abschnitt handelt ( 4v, 5v und 6r). Das einheitliche Konzept des Layouts ist offenbar vorrangig auf Repräsentation, weniger auf Textgliederung hin angelegt. Dabei sind Unstimmigkeiten im Layout zu beobachten wie die auffallend großen Leerräume oder auch die fehlende Übereinstimmung zwischen Bildtitulus und Darstellung an zwei Stellen (11r, 15v; siehe unten: Bildthemen), die auf eine nicht vollständig geglückte Neukonzeption des Layouts auf der Basis einer älteren, möglicherweise umfangreicher illustrierten Vorlage zurückzuführen sein dürften (Thali [2012] S. 496–502).

Bildaufbau und -ausführung:

Die handelnden Personen sind jeweils auf einem grünen, zuweilen grasbewachsenen, ansonsten kaum näher bezeichneten Terrain mit geradliniger Begrenzung platziert. Weitere Angaben zum Ort der Handlung beschränken sich auf Einzelfälle wie das einen Innenraum signalisierende Bett (8r und 9v) oder die Landschaft (14r), für deren Gestaltung ein Flusslauf, drei Bäume und ein angedeuteter Hügel ausreichen. Die im oberen Bereich nicht umgrenzten Illustrationen werden von drei bis fünf großformatigen Figuren dominiert, deren gegeneinander versetzte Anordnung Räumlichkeit erzeugt. Sie führen Varianten eines standardisierten, aber mit großem Geschick und Sorgfalt ausgeführten Repertoires an Typen, Körperhaltungen und Gesten vor. Die Federzeichnung beschränkt sich fast ausschließlich auf eine deutliche, sicher geführte Kontur mit wenigen Neuansätzen. Die Figuren mit hoher Taille, in leicht gelängten, aber gleichmäßigen und gelungenen Proportionen. Großflächige Gesichter, nur mit wenigen, knappen Strichen für Augen, Nase, Mund markiert, was besonders den jugendlichen Protagonisten (Herzog und Königin) ein nahezu puppenhaftes Aussehen verleiht. Plastizität wird ausschließlich mithilfe der differenzierten Kolorierung erreicht. Farben häufig in unterschiedlicher Intensität, variierender Pinselstärke und/oder mehreren, zum Teil kreuzweisen Strichlagen aufgetragen, um Schattierungen und Wölbungen herauszuarbeiten. Die Protagonisten bleiben über die gesamte Bildfolge hinweg unverändert: der Herzog von Braunschweig durchgehend als eleganter Jüngling in blauer kurzer Schecke mit Trippen an den Füßen, blonder Lockenpracht und drei Federn als Haarschmuck, die Königin bis zur Flucht mit modischer, hoher Haube und von derselben Dienerin in rotem Kleid begleitet. Die typisierten Figuren in ihrer sorgfältigen Ausführung auf hohem Niveau lassen auf die Illustration in einer professionellen Werkstatt schließen.

Bildthemen:

(vgl. auch Thali [2012] S. 488–496):

1. Titelbild: Der junge Herzog mit geschultertem Schwert vor seinem Vater, darüber das Braunschweiger Wappen (1v).
2. Der junge Herzog bittet den Vater, in den Krieg gegen die Heiden ziehen zu dürfen (3r).
3. Kampf gegen die Heiden mit Streitkolben (5r).
4. Die gefangenen Heiden bieten dem Herzog ihre Dienste an (6v).
5. Ein Arzt am Bett des liebeskranken Herzogs (8r).
6. Der genesene Herzog im Gespräch mit der Königin vor seinem Bett (9v).
7. unklar: Dem Titulus nach lässt der König seiner Gattin ihr Gepäck für die Pilgerfahrt zum hl. Jacob bringen (Also der konnig der konnigynnen yr cleyder vnd yr pert vnd all yr geczuich bereyt wart want czu dem helgen sent iacob wulden rijden, 10v). Dargestellt ist die Königin, begleitet von der rotgekleideten Dame, im Gespräch mit dem Herzog, während ein Fuhrmann zwei bepackte Lastpferde herantreibt. Als die Königin aufbricht, ist der Herzog dem Text zufolge allerdings bereits abgereist, sein Abschied von der Königin wird nicht explizit beschrieben.
8. Der Herzog und die Königin im Minnegespräch (12v).
9. Die Königin verlässt den schlafenden Herzog (14r).
10. unklar: Dem Titulus nach (Also vrluge waz noch dez konnigs doyt tusschen zweyer gebruder kint vnd das lant verhert, 15v) wäre ein Kampf um die Nachfolge des spanischen Königs zu erwarten. Stattdessen ist dieselbe Figur, die im Titelbild als der alte Herzog von Braunschweig präsentiert wird (der dem Text nach zu diesem Zeitpunkt aber längst verstorben ist), im Gespräch mit vier Männern zu sehen (15v).
11. Der schiffbrüchige Kaufmann aus Bagdad klagt dem Herzog seine Not (17r).
12. Der Kaufmann mit Fass und Bildteppichen der Königin vor dem Herzog (18v).

Es werden vorwiegend Gesprächs- oder Verhandlungsszenen gezeigt, in denen nur einzelne Details oder die Gestik auf den Inhalt des Gesprochenen verweisen, wie die Blume beim Minnegespräch (12v) oder das Fass (18v). Eine Ausnahme stellt die Illustration zum Kampf gegen die Heiden dar (5r), in der die Posen der Kämpfer verbreitete Motive wiederholen. Einer konventionellen Bildformel entspricht auch das Minnegespräch (12v), bei dem sich das Paar in eleganter Haltung im Freien gegenübersitzt. Die Wahl der Bildthemen, die es erlaubt, den jungen Herzog durchweg als eleganten Jüngling vorzuführen, ist deutlich auf adelige Repräsentation und höfisches Zeremoniell ausgerichtet.

Farben:

lavierend aufgetragenes Rot, Rosa, Grün, Blau und Ocker.

Literatur:

Priebsch 1 (1896) S. 3f., 197–219 (mit Textauszügen). – Werner (1975) S. 93–96; Robert Leclercq: Augustijn. In: 2VL 1 (1978), Sp. 530f., 2VL 11 (2004), Sp. 188; Thomas Klein: Zur Ausgabe von Augustijns »Herzog von Braunschweig«. In: Editionsberichte zur mittelalterlichen deutschen Literatur. Beiträge der Bamberger Tagung »Methoden und Probleme der Edition mittelalterlicher deutscher Texte« 1991. Hrsg. von Anton Schwob u. a. Göppingen 1994 (Litterae 117), S. 75–79; Thali (2012).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. 56.Ia: 14r. Die Königin verlässt den schlafenden Herzog.

56.1.1._Taf._56.Ia.jpg
Taf. 56.Ia.