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45.1.1. Klosterneuburg, Stiftsmuseum, Cod. 130a–h (ehem. Stiftsbibliothek, CCl 130)

Bearbeitet von Peter Schmidt

KdiH-Band 6

Datierung:

1491.

Lokalisierung:

Klosterneuburg.

Besitzgeschichte:

Alter Bestand des Stifts Klosterneuburg.

Die Beschädigungen der Blätter lassen darauf schließen, dass die Tafeln schon seit längerer Zeit hinter Glas aufbewahrt worden sind; für öffentliche Sichtbarkeit, vielleicht hinter einem Gitter, spräche der Beleg aus dem Jahr 1502 für die Erneuerung eines Schlosses ad tabulam cum legenda S. Leopoldi (Floridus Röhrig: Das kunstgeschichtliche Material aus den Klosterneuburger Rechnungsbüchern des 16. Jahrhunderts. Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg N.F. 7 [1971], S.135–216, dort S. 139, 146).

Inhalt:
Taf. 1–8 Ladislaus Sunthaym, ›Klosterneuburger Tafeln‹
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, acht Blätter, einzeln in Holzrahmen hinter Glas. Ca. 810 × 630 mm (Blattränder meist unter den Rahmenleisten verdeckt). Bei der letzten Restaurierung in den Jahren 2005–2012 sukzessive auf Karton befestigt; vorher auf Holztafeln aufgeklebt, was Schäden mit Farbablösung durch Spannungen im Pergament und Feuchtigkeit hinterlassen hat. Neuzeitliche Zählung oben in der Mitte, ein Schreiber, Datierungen auf 5rb unten (Gemacht vnd volenndt [...] als man zalt nach Cristi vnnsers lieben herrn gepurd tausnt vierhundert vnnd im ainundnewntzigisten iare), die Jahreszahl 1491 auch im Text (1r) und im Buchstabenkörper der zweiten Initiale (1r). Im selben Jahr wird nach einem Rechnungsbuch des Klosters einem illuministe tabule Sancti Leopoldi, bei dem es sich um den Buchmaler dieses Projekts handeln dürfte, ein Taler bezahlt (Klosterneuburg, Stiftsarchiv, Rb 2/2, 51v, vgl. Röhrig [1975] S. 18 und S. 31 Anm. 53). Zweispaltig, Textura in brauner Tinte, nicht rubriziert, zahlreiche Initialen, bis auf eine unfigürliche (H auf Taf. 6 links oben) sämtlich historisiert.

Schreibsprache:

mittelbairisch (mit Spuren der alemannischen Herkunft des Autors).

II. Bildausstattung:

Zwischen den Spalten und auf den Rändern jeder Seite sehr üppige Rankenmalerei. Die Illustrationen des Textes selbst bestehen aus historisierten Initialen in Deckfarbenmalerei auf Goldgrund; 66 davon mit Bildnissen, meist in Halbfigur, in der Regel einzeln, selten in kleinen Gruppen (Geschwister, etwa die Töchter Leopolds III. auf Taf. 3b), die den Abschnitt zu der jeweiligen Person oder Gruppe einleiten. Sechs größere Initialen sind mit narrativen Szenen historisiert; besonders hervorgehoben ist die Initiale (Taf. 5), die die im Kolophon genannten Personen verbildlicht.

Černik (1913, S. 124) hatte den in den Rechnungen als Maler erwähnten Hans Part für den Illuminator der Sunthaym-Blätter gehalten, doch wurde dieser von Röhrig (1975) mit guten Argumenten als der Tafelmaler des großen Babenberger-Stammbaums identifiziert, der nicht der Buchmaler sein kann. Sieveking (1986) schrieb die Ausführung dem ›Meister des Wolfgang-Missales von Rein‹ zu, einem seiner Meinung nach ohne Werkstatt in Österreich tätigen Wanderkünstler. Die Nähe zu den Miniaturen des 1492/93 entstandenen namengebenden Messbuchs (Rein, Stiftsbibliothek, Ms. 206) ist nicht von der Hand zu weisen, doch sind die historisierten Initialen der Sunthaym-Tafel stilistisch nicht aus einem Guss. So sticht das Autor- und Herrscherbild auf Taf. 5 in seiner außerordentlich feinen Maltechnik heraus; ob das der größeren Mühewaltung angesichts der Dignität der Szenen geschuldet ist oder Grund genug ist, von eine anderen Hand auszugehen als etwa bei den Schlachtenbilder auf Taf. 1 und 6, die ungeschickter proportioniert sind und einen undifferenzierteren Farbauftrag aufweisen, muss offen bleiben.

Format und Anordnung:

Die Bildnisinitialen meist siebenzeilig, wenige sechszeilig. Durch größere Initialen sind Leopold V. (der Tugendreiche, Taf. 3a, 14-zeilig), Friedrich II. (der Streitbare, achtzeilig und etwas breiter als die anderen) sowie die fünf im Kindesalter verstorbenen Töchter des hl. Leopold (Taf. 7b, 14-zeilig) ausgezeichnet. Größere Initialen (15- bis 24-zeilig) illustrieren bedeutsame Episoden der Geschichte und sind den entsprechenden narrativen Passagen vorangestellt.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Rankenmalerei malerisch sehr aufwändig und durch Goldauflagen bereichert. Alle Initialen in fein strukturierten Rahmen und auf Goldgrund. Kräftige Deckfarben, in reichen Abstufungen und mit sehr feinem Pinsel aufgetragen. Auffallend viel in deckendem Weiß gemalt, vor allem im Rankenwerk, was zur Strahlkraft der Gesamterscheinung beiträgt. Besonders raffiniert die Arbeit mit Höhungen in Weiß, Gelb sowie in hellen Ausmischungen der Grundfarbe, auch mit Weiß auf Gold. Blattgoldpunkte im Rankenwerk des Rahmenornaments.

Bei den Ranken war der Künstler bemüht, die Struktur auf jeder Seite zu variieren, wozu auch die unterschiedlichen Bewohner der Ranken einen Beitrag leisten (verschiedene Tiere, wilde Männer etc., teils nach Vorbildern aus den Kupferstichen des ›Meisters der Spielkarten‹). Die Ranken entspringen aus oder münden öfters in die Bildnisinitialen. Am Ende der letzten Spalte des ganzen Werkes (Taf. 8) die Darstellung eines Kriegselefanten mit Aufbau und Besatzung in den Ranken. Bemerkenswert der Lanzenträger mit negroiden Zügen in der Ranke links oben auf Taf. 5, der an die Ikonographie des hl. Mauritius erinnert, jedoch keinen Nimbus trägt und keinen Bezug zum Text hat. Aufgehängt an einer Ranke unter dem Kolophon auf Taf. 5, das den Autor nennt, findet sich der Wappenschild Sunthayms, darüber auf einer Banderole sein Name HER LASLA SVNTHAIM VON RAVENSPURG.

Bildthemen:

Die Tafeln 1 bis 5 behandeln die männlichen Mitglieder des Geschlechts und die wichtigen Geschehnisse. Nach einem längeren erzählenden Abschnitt über die Frühgeschichte beginnt die Ahnenreihe nicht mit einem Porträt des Urahnen Leopold I., sondern mit einer erzählenden Darstellung seiner Einnahme der Burg Melk auf Taf. 1a. Der erste mit Porträt vertretene Fürst ist dann sein Sohn Heinrich I. Der Teil der männlichen Linie endet mit der Darstellung der Schlacht an der Leitha, in der Friedrich II. umkommt, womit die Babenberger im Mannesstamm aussterben. Es folgt der Kolophon mit der zugehörigen Initiale, dann wird die genealogische Reihe auf den Tafeln 6 bis 8 mit den Frauen fortgesetzt. Dieser Teil beginnt mit der szenischen Darstellung der Hochzeit Leopolds I. mit Richarda; das erste Frauenbildnis ist das von Svenhild, Gattin Heinrichs I., dem auch im Männerteil des Werks das erste Porträt gilt. Die Frauenreihe endet auf Taf. 8b mit Agnes von Meranien, deren Eheschließung 1229 wie auch Scheidung 1240 von Friedrich II. (dem Streitbaren) der Text vermerkt.

Größere historisierte Initialen mit historisch besonders wichtigen Episoden:
Taf 1a: E-Initiale, 24-zeilig: Schlacht gegen die Ungarn, in zwei durch den Balken des Buchstabens geteilten Registern.
Taf 1a: L-Initial2, 22-zeilig: Belagerung und Einnahme der Burg Melk durch Leopold I. Im Buchstabenschaft die Jahreszahl 1491.
Taf 2a: L-Initiale, 22-zeilig: Simultanbild zum Schleierwunder aus der Legende des hl. Leopold (III.) und zur Gründung des Stifts. Links oben blicken Leopold und seine Frau Agnes aus dem Fenster ihres Schlosses, der Schleier der Frau fliegt davon; rechts Marienvision des Erzherzogs und Auffindung des Schleiers in einem Busch; links unten Leopold als Stifter mit Kirchenmodell.
Taf. 5b: D-Initiale, 15-zeilig: Schlacht an der Leitha mit Tod Friedrichs II. (des Streitbaren) in zwei Registern.
Taf. 5b: G-Initiale, 24-zeilig: Gruppe von Personen, die als Verbildlichung des Kolophons verstanden werden muss (nicht etwa der an der Heiligsprechung Leopolds beteiligten Personen, wie in 1000 Jahre Babenberger [1976] bei Abb. 15): In einem Innenraum gestaffelt, von links unten Papst Innozenz VIII., Kaiser Friedrich III., König Maximilian I., ein Erzherzog (wohl Sigmund von Österreich), oben der Klosterneuburger Propst Jakob Paperl. Daneben mehrere Diakone und Adelige, links neben dem Propst ein tonsurierter Mönch sowie rechts ein weiterer Geistlicher mit Birett, der den Krummstab des Propstes hält und als einziger aus dem Bild blickt (Ladislaus Sunthaym?). Die aufwändigste und am feinsten gemalte Initiale des Werks.
Taf. 6a: R-Initiale, 22-zeilig: Eheschließung Leopolds I. In simultaner Darstellung von oben nach unten der Brautzug Richardas, der Zug Leopolds und die Vermählung durch einen Priester inmitten der Hofgesellschaft. Gleichzeitig Auszeichnungsbild zur Einleitung des Abschnitts über die Frauen des Geschlechts der Babenberger.
Taf 7a: A-Initiale, 22-zeilig: Im oberen Buchstabenfeld Hochzeitsmahl von Leopold III. und Agnes von Waiblingen in einem gewölbten Raum, unten das Paar als Stifter mit je einem Kirchenmodell.

Farben:

Grün, Blau, Rot, Gelb, Violett, Rosa, Schwarz, Grau, Braun, Ocker, Inkarnat, Blattgold auf rotem Grund, teils punziert und graviert, Silber (heute stark sulfidiert), Muschelgold für Höhungen.

Literatur:

Pfeiffer/Černik (1922) S. 84f.; Haidinger (1991) S. 42. – Černik (1913) S. 122–124, Abb. I (Taf. 5); Erich von Winkenau: Die Miniaturmalerei im Stifte Klosterneuburg während des 15. Jahrhunderts. Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg 6 (1914), S. 161–200, dort S. 195f., Abb. 10 (Taf. 2 Detail). 11 (Taf. 5 Detail). 12 (Taf. 6 Detail). 13 (Taf. 5 Detail). 14 (Taf. 7 Detail); Eheim (1959) S. 61–66; Die Gotik in Niederösterreich. Kunst und Kultur einer Landschaft im Spätmittelalter. Ausstellung Krems-Stein, Minoritenkirche, 1959. Wien 1959, S. 53 Nr. 131 (Gerhard Schmidt); Alphons Lhotsky: Quellenkunde zur mittelalterlichen Geschichte Österreichs. Graz / Köln 1963, S. 445f.; Röhrig (1975) S. 13–20, Abb. 1 (Taf. 1). 2 (Taf. 5). 3 (Taf. 1 Detail Initiale L). 4 (Taf. 5 Detail Initiale G); 1000 Jahre Babenberger (1976) S. 661, Abb. 15 (Taf. 5 Detail); Floridus Röhrig: Darstellungen des hl. Leopold in der österreichischen Buchmalerei. Alte und moderne Kunst 30 (1985), H. 200, S. 6–12, dort S. 8–10, Abb. 4 (Taf. 2 Detail). 5 (Taf. 7 Detail). 6 (Taf. 7 Detail); Sieveking (1986) S. 16f., 109f., 113f., 189f. und passim; Winfried Stelzer: Sunthaym, Ladislaus. In: 2VL 9 (1995), Sp. 537–542, dort Sp. 538f.; Verborgene Schönheit. Die Buchkunst im Stift Klosterneuburg. Katalog zur Sonderausstellung 1998 des Stiftsmuseums Klosterneuburg. Klosterneuburg / Wien 1988, S. 67; Renate Kohn: Konstruktion und Fiktion. Der epigraphische Niederschlag genealogischer Konzepte der österreichischen Landesfürsten. In: Traditionen, Zäsuren, Umbrüche. Inschriften des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit im historischen Kontext. Beiträge zur 11. Internationalen Fachtagung für Epigraphik […] in Greifswald. Hrsg. von Christina Magin, Ulrich Schindel, Christine Wulf. Wiesbaden 2008, S. 77–102, hier S. 83.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. 45.IIa–b: Cod. 130e (Taf. 5). Rankenleisten mit Drolerien; D-Initiale mit Tod Friedrichs II.; G-Initiale mit geistlichen und weltlichen Würdenträger.

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Taf. 45.IIa.
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Taf. 45.IIb.