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45.1. Babenberger Ladislaus Sunthaym, ›Klosterneuburger Tafeln‹

Bearbeitet von Peter Schmidt

KdiH-Band 6

Die Babenberger herrschten von 976 bis zum Tod des letzten männlichen Angehörigen 1246 als Markgrafen und Herzöge in Österreich. Eine Erinnerungskultur, die sich auch in genealogischen Bildprogrammen und Text-Bild-Kombinationen niederschlug, wurde in den Klöstern gepflegt, die sich auf Stifter aus diesem Herrscherhaus berufen konnten – in der Zisterze Heiligenkreuz, deren Brunnenhaus ein Glasmalereizyklus des späten 13. Jahrhunderts mit einer Babenberger-Reihe schmückt, und im Chorherrenstift Klosterneuburg, das die hier zu behandelnde Handschrift und den Druck in Auftrag gab.

Klosterneuburg wird am Ende des 15. Jahrhunderts in Zusammenhang mit der Kanonisierung Leopolds III. zum Zentrum der Erforschung und Repräsentation der Geschichte und Genealogie der Babenberger. Schon Rudolf IV. (1358–65) hatte sich für die Heiligsprechung des Klostergründers eingesetzt, der schon bald nach seinem Ableben große Verehrung genoss, doch kam dieses Bemühen mit dem frühen Tod Rudolfs wieder zum Erliegen. Erst Kaiser Friedrich III. erreichte die Wiederaufnahme des Prozesses. Als dieser im Jahr 1485 erfolgreich abgeschlossen werden konnte, war das Grab des Babenbergers in Klosterneuburg zu einer landesweit bedeutenden Kultstätte geworden. Für das Chorherrenstift war dies der Anlass, die Erinnerung an das Geschlecht seines heiligen Gründers deutlich sichtbar auszubauen. Es beauftragte wohl schon bald nach der Heiligsprechung den Gelehrten Ladislaus Sunthaym mit der Erforschung der Babenberger-Genealogie und ihrer Niederschrift in deutscher Sprache (›Klosterneuburger Tafeln‹, in der Literatur oft unter dem irreführenden lateinischen Titel ›Tabulae claustroneoburgenses‹). Diese wurde zur Grundlage für ein auf Holz gemaltes Triptychon von monumentalen Ausmaßen (aufbewahrt im Klosterneuburger Stiftsmuseum). Dass dieser Stammbaum zu den größten erhaltenen Tafelgemälden des Mittelalters gehört, verdeutlicht den Anspruch und den Aufwand, den das Stift in das Memorialprojekt steckte. Eine Fassung des Textes Sunthayms muss spätestens zum Beginn der Arbeit an der Tafel ( 1489) vorgelegen haben.

Zu dem Memorialprojekt des Stiftes Klosterneuburg gehörte neben den großen Bildtafeln mit dem Stammbaum eine Pergamenthandschrift von 1491 (Nr. 45.1.1.) von ebenfalls ungewöhnlichen Ausmaßen, die mit dem Text Sunthayms auf acht Blättern eine narrativ ausführliche Genealogie der Babenberger als Pendant zu dem vor allem visuell argumentierenden und bis auf kurze Tituli textarmen Triptychon bringt. Für die Handschrift wurde die Textversion zumindest aktualisiert, da es auf der ersten Seite heißt, dass das Haus Habsburg in den personen kaiser Fridrichs des drittn vnd Maximilians seins suns romischen kunigk herrscht vnnd regiert seligklich in den iarn als man zelt nach xpi gepurd tausent vierhundert vnnd im ainsundnewntzigisten iare (1r). In der Forschung war es umstritten, ob das Werk im größtmöglichen Format für Pergamentblätter guter Qualität (ca. 810 × 630 mm) ursprünglich als blätterbarer Codex – als solcher unhandlich, und alle Blätter mit leeren Rückseiten – fungieren sollte (Sieveking [1986] S. 109), oder ob es zu Aufhängung an eine Wand – wie in der heutigen musealen Präsentation – in der Nähe zum Heiligengrab konzipiert war. Einiges spricht für Letzteres, doch ist die Orientierung an der Codexform bis in das Seitenlayout hinein offenkundig. Der Gedanke liegt nahe, dass diese Gestalt für – im Wortsinn – kodifizierte Erinnerung von Geschichte und Herkommen bür-gen sollte, während der Inhalt gleichzeitig öffentlich rezipiert werden konnte. Hier wird ein Medienbewusstsein der Führung des Chorherrenstifts deutlich, das dann in einer dritten Form der medialen Präsentation der Genealogie seinen Schlusspunkt fand: Neben dem Tafelgemälde und der Pergamenthandschrift veranlasste sie eine Druckausgabe von Sunthayms Text, erweitert durch eine Habsburger-Genealogie (Nr. 45.1.a.) in Form eines Holzschnitts mit ausführlicher Legende, der seinerseits die Kenntnis des monumentalen Gemäldes voraussetzt. Das genaue Verhältnis zwischen dem Text der Inkunabel und der Handschrift ist noch nicht untersucht. Es ist anzunehmen, dass beide Überlieferungszeugen unabhängig voneinander aufbereitete Fassungen von Sunthayms verlorenem Autograph sind.

Da die handschriftliche Fassung für einige Szenen aus der Vita des Klostergründers die erste bildliche Formulierung bringt und als öffentliches Monument wohl in unmittelbarer Nähe zum Grab des Heiligen im Kloster Autorität besaß, stellten die Miniaturen Anregungen für dessen Ikonographie zur Verfügung; so bezieht sich etwa der Tafelgemäldezyklus Rueland Frueaufs d. Ä. zum hl. Leopold (1505, Stiftsmuseum Klosterneuburg) auf dieses Vorbild.

Editionen:

Hieronymus Pez: Scriptores rerum austriacarum veteres ac genuini. Bd. 1. Leipzig 1721, 1004–1044 (Abdruck des Textes der Inkunabel). - Fritz Eheim: Die Tabulae Claustroneoburgenses des Ladislaus Sunthaym. [Wien 1950] (masch., Prüfungsarbeit am Institut für Österreichische Geschichtsforschung, mit Quellenanalyse und Rohfassung einer Edition). – http://de.wikisource.org/wiki/Der_löblichen_Fürsten_und_des_Landes_Österreich_Altherkommen_und_Regierung (genealogisch kommentierte Transkription des Drucks).

Literatur zu den Illustrationen:

Erich von Winkenau: Die Miniaturmalerei im Stifte Klosterneuburg während des 15. Jahrhunderts. Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg 6 (1914), S. 161–200, dort S. 195f. – Floridus Röhrig: Der Babenberger-Stammbaum im Stift Klosterneuburg. Wien 1975, S. 13–20. – Floridus Röhrig: Darstellungen des hl. Leopold in der österreichischen Buchmalerei. Alte und moderne Kunst 30 (1985), H. 200, S. 6–12, dort S. 8–10. – Hinrich Sieveking: Der Meister des Wolfgang-Missales von Rein. Zur österreichischen Buchmalerei zwischen Spätgotik und Renaissance. München 1986, S. 16 f., 109 f., 113 f., 189 f.