KdiH

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31.0.2. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 403

Bearbeitet von Marcus Schröter

KdiH-Band 4/1

Datierung:

1419 (255r).

Lokalisierung:

Elsaß (Straßburg?), Elsässische Werkstatt von 1418.

Besitzgeschichte:

Laut Wegener (1927) S. 12 Ludwig III. von der Pfalz, Gründer der Bibliotheca Palatina, Erstbesitzer der Handschrift. Dann in der älteren Schloßbibliothek und in der Bibliothek der Heiliggeistkirche. Zwischen 1623 und 1816 unter den Codices Palatini Germanici in der Bibliotheca Vaticana in Rom. Alte Signatur (1r): C63.

Inhalt:
1r–255r Heinrich von Veldeke, ›Eneas-Roman‹

Hs. h

1r–2v Register, 4v–255r Text

Der Text endet mit dem Tod des Turnus V. 12598, es folgt ein eigener Schluß von 28 Versen.

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, I–III + 257 Blätter (I–III, 3r und 256–257 leer); Foliierung von jüngerer Hand wie auch der Titel Eneaß auf Blatt 3v; 287 × 205 mm, Bastarda, eine Hand: Hans Coler (Blatt 255r: Diß buoch wart vß geschriben von hans coler vff mitwuch vor sant gallentage In dem jor do man zalt von christus geburt dusent vierhundert vnd Nunczehen Jor Hie hat diß buoch ein ende Got vns sin helffe sende Amen Bittent got für den schriber Amen), einspaltig, abgesetzte Verse, 22–27 Zeilen, zweizeilige rote Lombarden, Rubrizierungen, rote Strichelungen der Versanfänge, römische Kapitelzahlen und Tituli in Rot; Textbeginn 4r mit dreizeiliger roter Überschrift.

Schreibsprache:

elsässisch.

II. Bildausstattung:

39 ungerahmte, kolorierte Federzeichnungen (3v, 4r, 8v, 17r, 19v, 27r, 32v, 36r, 42r, 44v, 48v, 51r, 53v, 54v, 57r, 62r, 63v, 67r, 69v, 71v, 77v, 94r, 98v, 99r, 103r, 115r, 118r, 120v, 127v, 135r, 149v, 176v, 185r, 194r, 205v, 234v, 236r, 240v, 248v), an drei Stellen Leerräume nach dem Titulus zur Aufnahme von Illustrationen (39v, 61r, 65r), in einem Fall (98v, 99r) Aufeinanderfolgen zweier Miniaturen ohne dazwischen liegenden Text, die ganzseitige Miniatur zwischen Inhaltsverzeichnis und Textbeginn als Titelbild (3v), ›Elsässische Werkstatt von 1418‹, ein Zeichner.

Achtzeilige H-Initiale am Textbeginn 4r: Blau-rot geteilter Buchstabenkörper, Filigranhintergrund und Ranken in Rot und Sepia.

Format und Anordnung:

Ungerahmte Federzeichnungen verschiedener Formate (viertelseitig bis halbseitig), zumeist am Fuß der Seite unter die Textkolumne eingefügt und über den Schriftspiegel an den Blattrand ausgreifend. Ganzseitig nur die Titelminiatur auf Blatt 3v zwischen Inhaltsverzeichnis und Textbeginn.

Zu den 43 im Inhaltsverzeichnis aufgeführten Kapiteln stellen sich 38 Miniaturen: In drei Fällen (39v, 61r, 65r) wurde die Illustration im dafür vorgesehenen Freiraum nicht ausgeführt, in zwei Fällen (zu Kapitel 5 und 6) schließt der Text unmittelbar an die Kapitel-/Bildüberschrift an, wurde also eine Illustration entweder nicht vorgesehen oder irrtümlich verplant. Identische Struktur der Kapitelanfänge: Am Kopf der Seite befindet sich gemäß der Numerierung im Inhaltsverzeichnis die rote Kapitelzahl, es folgt eine variierende Anzahl von Versen bis zur ebenfalls mit roter Tinte geschriebenen Bildbeischrift, die zugleich als Kapitelüberschrift fungiert, und schließlich die Miniatur selbst. Nach Unterbrechung des Textes durch die Illustration beginnt der erste Vers fast immer mit einer zweizeiligen roten Initiale, die in den meisten Fällen auch in den anderen Handschriften nachweisbar ist. Die Position der Bilder erweist sich daher als nicht zufällig gewählt, sondern immer an die durch Initialen der Vorlage gekennzeichneten Abschnittsgrenzen gebunden. Die Miniaturen befinden sich in der Regel unmittelbar vor dem Textbereich, den sie illustrieren. Dieses System eines dem Gesamttext vorangestellten Kapitelregisters und der Abfolge von Kapitelzahl, Titulus und Miniatur innerhalb des Textes bedeutet eine klare Durchstrukturierung des Textes und stellt für den blätternden Leser eine komfortable, optische Gliederung zur gezielten Navigation innerhalb des Textes und der Handschrift dar.

Aufbau und Ausführung der Miniaturen stehen im Zusammenhang mit diesem Prinzip der durch Kapitelnummern, Kapitelüberschrift und Miniatur optisch markierten Textzäsuren, die die Priorität des Textes akzentuieren und die Handschrift als Lesehandschrift charakterisieren. Bei der Herstellung der Handschrift sind Text und Kapitel-/Bildüberschriften durch den Schreiber Hans Coler vor Ausführung der Illustration vorgenommen worden, wie der in drei Fällen nachzuweisende leere Bildraum unter dem jeweiligen Bildtitulus zeigt. Der Illustrator erhielt vom Schreiber eine gegliederte und rubrizierte, mit leeren Bildräumen und möglicherweise bereits mit Inhaltsverzeichnis ausgestattete Abschrift. Die Tituli konnten zugleich als Malanweisungen fungieren, so daß eine direkte Kooperation zwischen Schreiber und Zeichner nicht notwendig war.

Bildaufbau und -ausführung:

Der visuelle Gesamteindruck der von Buchschmuck überbordenden Doppelseite 3v/4r mit dem Titelbild des Gesamtwerkes, mit der Eingangsminiatur zum ersten Kapitel und mit der aufwendigen Initiale vor dem eigentlichen Textbeginn formuliert bereits deutlich den herausgehobenen Anspruch des Codex. Im Zentrum der Miniaturen stehen die Protagonisten der Handlung. Die zumeist als ganze, nicht ausschnitthafte Bilder entworfenen Szenen erfassen das Wesentliche des Handlungsmomentes unter Verzicht auf Details. Der lebendige Eindruck der Zeichnungen ist das Resultat der mit großer Dynamik positionierten Umrißlinien, mit denen die Bewegungen der Figuren in der Regel sicher erfaßt werden. Hinter dieser Konzentration auf die Umrißlinien tritt die oft nur knapp und selten mit Schraffuren angedeutete Binnenzeichnung zurück. Plastizität wird durch großflächige Kolorierung mit Wasserfarben, durch farbige Schatten und ausgesparte Lichter erreicht. Hinter den in der Regel durchgezogenen, einfachen Umrißlinien ist eine Silberstiftvorzeichnung teilweise noch sichtbar.

Auf der als flaches Bodenstück angelegten, nicht sehr tiefen Bildbühne sind die Figuren nebeneinander oder dicht hintereinander gruppiert. Trotz reduzierter Vorder- und Hintergründe und geringer Bildtiefe sind Ansätze zur Perspektive erkennbar. Die bewegten Figuren agieren in schematisierten, maßstäblich zu kleinen, sparsam verwendeten Architektur- und Landschaftselementen.

Die nicht immer realistisch proportionierten Figuren sind charakterisiert durch große runde Köpfe und kaum individualisierte Gesichter, die auch bei dramatischen Szenen wie Didos Selbstmord (51r) nur eine reduzierte Affektdarstellung ermöglichen. In den ohne Blut dargestellten Kampfszenen wird die Dramatik der Handlung durch die Dynamik der Umrißlinien erzielt. Die bürgerliche Tracht des beginnenden 15. Jahrhunderts sowie weitere Details, z. B. Judenhütte oder die Beisetzung Didos auf einem christlichen Friedhof, verdeutlichen die spätmittelalterliche Visualisierung des Stoffes.

Bildthemen:

Siehe Bildthementabelle der Einleitung zur Stoffgruppe 31. Die gleichmäßige Verteilung der den einzelnen Kapiteln vorangestellten Miniaturen gewährleistet einen relativ engen Text-Bild-Bezug, wobei die Bilder in der Regel vor dem Textbereich stehen, den sie illustrieren. Wie in der Berliner und Wiener Handschrift machen Dialog- und Kampfszenen den größten Teil des Zyklus aus.

Der Zyklus setzt folgende inhaltliche Schwerpunkte: Kampf um Troja und Flucht des Eneas (3v, 4r), Landung in Libyen und Aufnahme bei Dido (8v, 17r, 19v), Liebe zwischen Dido und Eneas (27r, 32v, 36r, 39v [nicht ausgeführt], 42r), Eneas’ Abfahrt und Tod Didos (44v, 48v, 51r, 53v, 54v). Die Sizilienepisode (57r) bildet den Übergang zum breit visualisierten Abstieg in die Unterwelt (61r [nicht ausgeführt], 62r, 63v, 65r [nicht ausgeführt], 67r, 69v, 71v, 77v). Die wiederholte Darstellung der Hölle (57r, 62r, 63v) im Bildtyp des aufgesperrten Dämonenrachens belegt die Vorliebe des Zeichners für dieses aus der christlichen Ikonographie abgeleiteten Motiv. Lediglich durch eine Miniatur wird die Episode von der Ankunft der Trojaner in Latium und ihrem ersten Kontakt mit König Latinus (94r) repräsentiert. Es fehlt der im Berliner Codex ausführlich visualisierte Bau von Montalbane. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die ausführliche Darstellung der Hirschjagd des Ascanius (98v, 99r, 103r). Die Formierung der feindlichen Fronten wird im Gegensatz zur Berliner und Wiener Handschrift nur knapp visuell erzählt (115r, 118r), ohne die Amazonenkönigin Camilla, Turnus’ wichtigste Verbündete, einzuführen. Durch eine charakteristische Miniatur wird – knapper als in den beiden anderen Handschriften – der Ehebruch von Mars und Venus (120v) erzählt. Der Visualisierung der Reise des Eneas zu König Euander (127v) folgt die Darstellung des Kampfes um Montalbane (135r, 149v), während die Rückkehr der Trojaner mit Hilfstruppen aus Pallanteum in die Schlacht sowie Tod und Bestattung ihres Anführers Pallas – Ereignisse, die in den beiden anderen Zyklen ausführlich im Bild geschildert werden – in der Heidelberger Handschrift fehlen. Der Rat bei König Latinus (176v) leitet die nächste große Kampfphase ein, an deren Ende der Tod der Amazone Larina (185r) und die Beisetzung der Amazonenkönigin Camilla (194r) steht. Einen visuellen Schwerpunkt setzt der Zyklus am Ende durch die ausführliche Darstellung der Minnebegegnungen zwischen Eneas und Lavinia (205v, 234v, 236r). Der erneute Kampf zwischen Trojanern und Latinern (240v) und der Zweikampf zwischen Eneas und Turnus (248v) schließen den Bilderzyklus ab.

Im Vergleich mit den beiden anderen Zyklen ist der Heidelberger ›Eneasroman‹ mit 42 Miniaturen (einschließlich der drei nicht ausgeführten) quantitativ der am wenigsten umfangreiche und setzt auch qualitativ eigene Schwerpunkte. 19 Miniaturen lassen sich inhaltlich, ikonographisch und stilistisch mit analogen Bildern in den beiden anderen beiden Handschriften vergleichen. Der ikonographische Abstand zum Zyklus der Berliner Handschrift einerseits und zum Text andererseits wird besonders deutlich erkennbar an Darstellungen wie der Beisetzung der Dido oder der Camilla, die im spätmittelalterlichen Codex eine christliche Friedhofsszene wiedergeben. Der antike Stoff wird im Hinblick auf Tracht und antiquarische Details in die spätmittelalterliche Gegenwart übertragen.

Farben:

Grün, Rot, Gelb, Hellocker, Grau. Blau wird nur in der Initiale zu Textbeginn verwendet.

Literatur:

Bartsch (1887) S. 131–132; Günther Jungbluth: Beschreibung vom Januar 1937 im Handschriftenarchiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (ehemals im Handschriftenarchiv der Abteilung Mittelhochdeutsch des Instituts für deutsche Sprache und Literatur bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin). – Behaghel (1882) S. V–VIII; Kautzsch (1896) S. 290; Wegener (1927) S. 17–18 (135r); Fischel (1950) S. 159–169; Beckmann/Schroth (1960) S. 11, Abb. 14 f. (27r, 103r); Frings/Schieb 1 (1964) S. L–LIV; Stammler (1967) Sp. 819; Jänecke (1964) S. 105 f.; Frühmorgen-Voss (1975c) S. 22; Werner (1975) S. 76–78 (135r); Becker (1977) S. 22–23; Koppitz (1980) S. 35; Stamm (1981) S. 219 mit Anm. 33; Courcelle (1984) S. 67–75 (alle Miniaturen); Heinrich von Veldeke, Eneasroman. Cod. Pal. germ. 403 der Universitätsbibliothek Heidelberg. Farbmikrofiche-Edition. Hrsg. von Hans Fromm. München 1987 (Codices illuminati medii aevi 2); Henkel/Fingernagel (1992) S. 130–131 (67r, 149v, 248v); Martina Backes: Das literarische Leben am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg im 15. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Gönnerforschung des Spätmittelalters. Tübingen 1992 (Hermea. Germanistische Forschungen, N. F. 68), S. 114; Ott (1995) S. 94; Rapp (1998) S. 160 f.; Schlechter (1999) S. 155 f., Nr. A28, Abb. 9 (3v); Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 1 S. 8 f., 11 f., 14. 26–29 u. ö., Bd. 2 S. 70 f. u. Abb. 19. 23, 64–67, 72, Taf. 7 f., 9/2 u. 3 (17r, 32v, 36r, 51r, 53v, 57r, 62r, 69v, 103r, 118r, 149v, 176v, 205v, 234v); Ott (2002) S. 157 u. Anm. 29.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 54: 57r. Heinrich von Veldeke, ›Eneas-Roman‹: Eneas mit Gefolge am Eingang zur Unterwelt.

Abb. 55: 194r. Heinrich von Veldeke, ›Eneas-Roman‹: Beisetzung Camillas.

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Abb. 54.
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Abb. 55.