KdiH

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15.1.2. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2721

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 2

Datierung:

Ende 12. Jahrhundert.

Lokalisierung:

Bayerisch-österreichischer Raum (wohl Kärnten/Steiermark).

Besitzgeschichte:

Laut Vermerk Ir erstmals nachzuweisen in der Privatbibliothek des Wiener Hofbibliothekars Wolfgang Lazius (1514–1565), der die Handschrift wohl 1551 Maximilian II. schenkte. Seit 1576 in der Hofbibliothek (alte Signaturen 183v: 4114, 1r u. ö.: 526 bzw. 526 Theol.).

Inhalt:
Ir–IIr Bildvorspann zur ›Genesis‹
1. 1r–129v ›Genesis‹
2. 129v–158r ›Physiologus‹
3. 159r–183r ›Exodus‹, unvollständig
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, II + 183 + I Blätter (dazu ein neues Papiervorsatzblatt, vor 183 fehlt ein Blatt), 211–212 × ca. 135 mm, einspaltig, 20 Zeilen, Verse nicht abgesetzt, doch durch Reimpunkte getrennt, gotische Buchschrift, ein Schreiber, Initialen und Lombarden nachträglich eingesetzt: 1r rot mit grüner Federornamentik, sonst nur rot oder gelegentlich nur grün oder verblaßt gelb, Freiräume für Bild- und Textüberschriften.

Schreibsprache:

südbairisch-österreichisch.

II. Bildausstattung:

Zu Text 1 sieben lineare Federzeichnungen, z. T. laviert (Ir, Iv, IIr, 4r, 4v, 5r, 5v) und 84 meist ca. halbseitige Freiräume für Bilder und Tituli (6r, 9v, 11v, 12v, 13r, 14r, 15r, 16r, 19r, 21r–v, 22r, 23v, 25r, 25v, 28r[2], 29v[2], 30v–31r, 31v, 32v, 33v, 35r, 36r, 36v, 37r, 37v, 38v, 39r, 40r, 41r, 44r, 44v, 45v, 46r, 47r, 47v, 48v, 49v, 51r, 53r, 53v, 54r, 54v, 57v–58r, 62r, 62v, 65r, 66v, 68r, 71r, 72r, 73r, 74r–v, 75v, 77r–v, 78v, 81r–v, 82v, 84v, 85r–v, 86v, 88v, 89v, 90v, 93r, 93v, 94r–v, 97v, 99r, 101r, 103v, 105r–v, 106v, 107v, 108r, 110r–v, 111v–112r, 114r, 114v–115r, 116r, 126v, 127r, 128r, 128v); zu Text 2 weitere 31 Bildfreiräume (129v, 130v, 131r[2], 133v, 135r, 135v, 136v, 137r, 137v, 138r, 138v, 140r, 141r, 141v, 144r, 145r, 146v, 147r, 148r, 150r, 150v, 151v, 152v, 153r, 153v, 154v, 155v, 156r, 157v, 158v). Zwei Hände, I: Ir–4r, II: 4v–5v.

Format und Anordnung:

Ir–IIr vor Textbeginn drei ganzseitige Bildtafeln (163–165 × 98–101 mm), die folgenden Zeichnungen in den Text eingefügt, ganzseitig 4v (155 × 98 mm einschließlich des ca. 13 mm breiten, mit Vierpaßmustern ornamentierten roten Rahmens) und 5r (doppelt eingefaßt 155 × 86 mm), halbseitig 4r (doppelt eingefaßt 135–138 × 104 mm) und 5v (ungerahmt).

Bildaufbau und -ausführung:

Die Zeichnungen sind – vermutlich zusammen mit den Initialen – später nachgetragen. Stilistisch dem Umfeld der Salzburger Schule zuzuordnen. Hand I: flüchtige, wenig geschickte Federzeichnung in Braunschwarz, Grün, leuchtendem Zinnober, nur Gesichter in blaßroter Fleischfarbe und Hintergrund IIr sowie Teile der Binnenfläche 4r in Gelb laviert; die Engel mit stereotypen runden Gesichtern, meist nahezu rechtwinklig nach oben oder unten gedreht, mit Kringellocken oder eng anliegendem, gescheiteltem Haarschopf, charakteristisch die s-förmige Nasenlinie mit nach unten stark ausgebogter Nasenspitze und die roten Wangenflecke; die Gewänder in schematischen runden Falten, meist mit gepunkteten Borten abgesetzt. Hand II: sichere, elegante Zeichnung in mehreren Farben mit schattierender Pinsellavierung in Grün und Rot; die Figuren hoch aufragend mit ernsten, besonders in Bild 5r ausdrucksstarken Gesichtern, antikisierende Gewandungen mit körpernah modelliertem Faltenwurf. Hand I benötigt die doppelte Bildrahmung als Bodenlinie und seitlichen Halt ihrer Figurenkompositionen (IIr zusätzlich als Bildraster), für Hand II hat die Bildrahmung weniger integrative als dekorative Funktion (das letzte ausgeführte Bild 5v ohne Rahmen ist möglicherweise bereits unvollendet).

Bildthemen:

(Bildthemenlisten: Hermann [1926] S. 236–238, Dollmayr [1932] S. V, Menhardt [1954] S. 364–369, Voss [1962] S. 44, Papp [1980] S. 14f.): Die ausgesparten Bildräume entsprechen mit wenigen Ausnahmen der Anordnung der ausgeführten Zeichnungen in der Millstätter Genesis, so daß man sich den ursprünglichen Illustrationsplan für die Wiener genauso wie den der Millstätter Genesis vorstellen kann. Die nachträglich eingefügten Zeichnungen folgen jedoch anderen, nicht im Text der ›Altdeutschen Genesis‹ fußenden ikonographischen Programmen. Hand I: dreiteiliger Engel-Zyklus (›Engelschöre‹, ›Erhebung Luzifers‹, ›Engelsturz‹) und Stifterbild; Hand II: erneut Stifterbild, ›Verklärung Jesu‹, nur das letzte Bild (5v ›Beschluß, den Menschen zu erschaffen‹) mit Textbezug und mit dem ersten Bild der Millstätter Genesis (3r) in szenischem Aufbau und Personal eng übereinstimmend (der Engel jedoch ohne Flügel und Nimbus).

Farben:

Braunschwarz, Grün, leuchtendes Zinnoberrot, Hand II auch Gelb für die Zeichnungen, Lavierungen in Blaßrot und Gelb (Hand I), Grün und Orangerot (Hand II). Zu Text 2 siehe Stoffgruppe 126. Tiere.

Literatur:

Menhardt 1 (1960) S. 217f. – K. K. Hofbibliothek. Katalog der Miniaturenausstellung. 2. Auflage. Wien 1901, S. 12, Nr. 58; Hermann Julius Hermann: Die illuminierten Handschriften und Inkunabeln der Nationalbibliothek in Wien. Tl. 2: Die deutschen romanischen Handschriften. Leipzig 1926 (Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich hrsg. von Franz Wickhoff, Bd. 8 = N. F. hrsg. von Julius Schlosser und Hermann Julius Hermann, Bd. 2), S. 235–239, Taf. XXIX,1–2 (Iv. Ir). XXX,1–2 (IIr, 4v). XXXI,1–2 (5r. 5v). Fig. 141 (4r); Abendländische Buchmalerei. Katalog der Ausstellung im Prunksaal [der Österreichischen Nationalbibliothek] Mai–Oktober 1952. Wien 1952, S. 27, Nr. 46; Menhardt (1954) S. 364–371 u. ö.; Unterkircher 1 (1957) S. 83; Voss (1962) S. 40–52. 116–119 u. ö.; Sünger (1964) Abb. 2 (5v). 4 (35r); Schade (1966) S. 105f., 143, Abb. 14 (5v); Josef Esser: Die Schöpfungsgeschichte in der »Altdeutschen Genesis« (Wiener Genesis V. 1–231). Kommentar und Interpretation. Göppingen 1987 (GAG 455), S. 20–26; Codex Vindobonensis 2721. Frühmittelhochdeutsche Sammelhandschrift der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. ›Genesis‹ – ›Physiologus‹ – ›Exodus‹. Hrsg. v. Edgar Papp. Göppingen 1980 (Litterae 79); Karin Schneider: Gotische Schriften in deutscher Sprache. I. Vom späten 12. Jahrhundert bis um 1300. Wiesbaden 1987, S. 41–44, Abb. 11 (Textseite 75r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 107: Iv. Luzifer auf Gottes Thron spricht zu den drei Erzengeln.

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Abb. 107.