KdiH

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26A.18.1. Zürich, Zentralbibliothek, Ms. A 120

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 3

Datierung:

1470/71.

Lokalisierung:

Bern.

Besitzgeschichte:

Zunächst im Besitz Heinrich Dittlingers und Bendicht Tschachtlans, nach 1493 über Margaretha Tschachtlan und ihren Ehemann Alexander Stockar in den Besitz der Familie Stockar, ab 1702 Leonhard Ziegler, Zürich, 1787 von der Stadtbibliothek Zürich angekauft (Besitzeinträge und Familiennotizen Bl. Ir, S. 1088, 1094; Ladner [1988] S. 141 Anm. 7).

Inhalt:
Ir Familiennotizen
S. 1–1060 Heinrich Dittlinger und Bendicht Tschachtlan, ›Berner Chronik‹, Kap. 1–796
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, ursprünglich 555 Blätter (drei fehlende Blätter, je eines nach S. 16, 446, 818, Blatt Iv–VIIIv und S. 1061–1093 unbeschrieben, je ein Vor- und Nachsatzblatt, zunächst Foliierung I–VIII, dann Seitenzählung 1–1090 mit Bleistift rechts oben von 1933, 1988 bei Neubindung korrigiert), 280 × 205 mm, Ausbesserungen am Rand, einspaltig, 24–28 Zeilen bis etwa S. 650, dann S. 30–35 Zeilen, kursive Bastarda, ein Schreiber (Heinrich Dittlinger; vgl. die Kolophone S. 1: in dem iar als man zalt von der geburt cristi Mo cccco lxx iar wart diese cronick geschriben und gemallet durch den fùrnemen wissen Benedicht Tschachtlan fenre und des rattes ze bern oͧch durch heinrich titlinger schreiber diß buͦchs, S. 1060: Dise abredung und frúntlich verkompnisse ist vor minen genedigen herren raͤttn und gemeinen burgerren volzogen und beschlossen worden uff mitwuchen nach purificacionis Mariae anno etc LXXI. [6. Februar 1471], nicht durch Handschriftenvergleich bestätigt: Michel [1988] S. 53), I-Initiale am Textbeginn (60 × 60 mm), rote oder blaue drei- bis vierzeilige Initialen an den Kapitelanfängen, rote Kapitelüberschriften, Rubrizierung nur S. 1, an den Seitenrändern bei Kapitelbeginn und Illustrationen Eintragungen von anderer als der Schreiberhand.

Schreibsprache:

alemannisch.

II. Bildausstattung:

230 lavierte Federzeichnung (Seite 13, 16, 19, 26, 27, 29, 32, 34, 36, 37, 38, 39, 41, 50, 56, 60, 62, 63, 66, 67, 68, 74, 78, 81, 82, 88, 89, 93, 97, 100, 102, 104, 107, 108, 109, 111, 118, 120, 124, 127, 128, 129 [2], 130, 131, 132, 133, 134, 138, 139, 141, 155, 157,159, 172–173, 186, 189, 190, 191, 192, 196, 198, 202, 203, 205, 207, 208, 211, 214, 220, 223, 224, 227, 234, 235, 236, 246, 252, 255, 264, 265, 266, 267, 269, 270, 274, 283, 284, 286, 288, 298, 301, 307, 308, 309, 310, 311, 313, 315, 316, 321, 324, 327, 328, 332, 334, 336, 337, 338, 341, 342, 344, 346, 348 [2], 352, 354, 356, 358, 359, 360, 361, 383, 385, 387, 394, 397, 398, 415, 417, 418, 427, 438, 445, 452, 453, 454, 455, 456, 457, 458, 460, 461, 462, 463, 464, 465, 466, 468, 470, 477, 520, 531, 534, 544, 549, 552, 555, 570, 573, 577, 595, 610, 632, 643, 677, 681, 690, 694, 697, 699, 700, 701, 729, 741, 756, 760, 761, 765, 772, 776, 780, 782, 790, 793, 801, 813, 836, 840, 851, 853, 857, 861, 866, 870, 871, 877, 879, 883, 885, 890, 891, 892, 897, 901, 903, 904, 912, 918, 929, 962, 963, 965, 968, 969, 976, 978, 979, 983, 993, 994, 997, 999, 1000, 1001, 1006, 1008, 1014, 1016, 1019), mindestens zwei Zeichner.

Format und Anordnung:

Die Illustrationen nehmen meist die Hälfte bis drei Viertel der Seitenhöhe ein (Höhe bis zu 200 mm), bis auf 22 ganzseitige Darstellungen (S. 29, 60, 63, 78, 93, 159, 236, 270, 274, 328, 332, 335, 544, 552, 643, 677, 694, 772, 790, 840, 861, 965), eine doppelseitige Illustration zur Schlacht bei Laupen der Eidgenossen gegen Österreich am 21. Juni 1339 (S. 172–173). Seitlich reichen die Illustrationen gewöhnlich über den Schriftspiegel hinaus (Breite etwa 190 mm, oft beschnitten), bis auf fünf Ausnahmen (S. 252, 427, 466, 477, 595) ungerahmt. Federzeichnungen vor den jeweiligen Kapiteln und überwiegend vor den Kapitelüberschriften eingefügt, nur vereinzelt dienen die roten Kapitelüberschriften als Bildüberschriften. An den Seitenrändern bei Kapitelanfängen und Bildräumen teilweise ausführliche Einträge von einer anderen als der Schreiberhand, möglicherweise als Vorgaben für Kapitelüberschriften gedacht (Ladner [1988] S. 144: als Maleranweisungen). Ungleichmäßige Verteilung der Illustrationen: Im ersten Teil der Chronik (Kap. 1–447, Justinger-Teil) 161 Illustrationen, von denen zwei auf die – nicht mehr bei Justinger enthaltene – Auseinandersetzung mit dem Herzog von Mailand, entfallen. In den zweiten Teil (Kap. 448–796) sind den aus der Chronik Hans Fründs übernommenen Schilderungen (Kap. 448–725) 50 Illustrationen zugeordnet, die restlichen 19 den Kriegszügen bis 1468, der letzte Teil zum Twingherrenstreit 1470 blieb ohne Illustrationen.

Bildaufbau und -ausführung:

Bis auf die fünf gerahmten Illustrationen (S. 252, 427, 466, 477, 595) – zugleich die einzigen Innenraumdarstellungen – durchgängiges Bildkonzept: Sämtliche Darstellungen auf einer »Landschaftsinsel« mit sichtbarer Abbruchkante angesiedelt, steil ansteigender Horizont durch ineinandergeschobene Hügelformationen in mehrere Bildgründe untergliedert, daher häufig mehrere Szenen von erhöhtem Betrachterstandpunkt einsehbar. Landschaftsgestaltung durch variierende Kombination schematisierter Einzelelemente: Bäume mit kugeliger oder kegeliger Krone, nur in zwei Ausnahmen als Eichenlaub spezifiziert (S. 16, 68). Stadtansichten vereinzelt mit topographischen Versatzstücken versehen (insbesondere Bern S. 13, 16, S. 34, 38, 56, 63, 68, 132, 205, 334, 394, und Freiburg S. 196, 223, 336, 356, 953, 956) zumeist an – nicht immer korrekt wiedergegebenen – Wappen identifizierbar (Bartlome [1988] S. 93–96).

Nach Anlage einer kaum mehr sichtbaren Vorzeichnung, vermutlich in dünner brauner Tinte, für Landschaftseinteilung und Figurengruppen erfolgte die Lavierung mit zarten grünen und braunen Tönen (vgl. S. 78: Schraffuren im Gelände unter der grünen Kolorierung durchscheinend). In einem weiteren Arbeitsschritt Ausarbeitung des Geländes und Ausgestaltung der Figuren, Schattierung um die Standfläche von Figuren und Geschützen sowie Gesteinsformationen mit schwarzer feiner Feder durch Schraffuren, auch in Kreuzlagen. Daraufhin Kolorierung in deckenderen Farben (Grün/Blaugrün, Dunkelrot/Krapprot).

Unterschiede in der Ausgestaltung und Strukturierung des Geländes lassen auf zwei (Schmid [1988] S. 11–12), wahrscheinlich auch mehr beteiligte Hände an der Ausführung der Federzeichnungen schließen. Nach einer ersten Hand, die durchgängig mit sehr feiner Feder und subtilen gleichmäßigen Schraffuren (auch in Kreuzlagen) arbeitet, ab S. 298 eine Reihe von Illustrationen, in denen mithilfe sichtbarer Vermittlung zwischen Vorder- und Hintergrund und eines niedrigeren Blickpunktes mehr Landschaftstiefe angestrebt wird (vgl. S. 298, 301, 307, 308, 310, 321, 332, 337, 338, 346, 357, 359, 360, 397). Ab S. 398 Strukturierung des Geländes bevorzugt durch Reihen kugeliger Büsche, vermehrte Verwendung von kurzen mit Feder gesetzten Haken für Baumkronen und Grünflächen. Im letzten Teil der Handschrift sind zwei weitere Zeichner zu beobachten, der erste arbeitet mit lockerem, die Breite variierendem Federstrich (S. 699, 741, 765, 790, 904, 965) und setzt Bündel aus horizontalen Federstrichen zur Belebung der Grünflächen. Zugleich wird an einigen Illustrationen das Bemühen deutlich, durch Kolorierung und Federzeichnung die in der Vorzeichnung angelegte Abgrenzung der Bildgründe zu überspielen (S. 729, 879, 897, 918, 929, 979, 999). Eine eindeutige Zuordnung der Illustratrionen zu den verschiedenen Zeichnern läßt sich nicht in jedem Fall vornehmen, weshalb im Verbund mit der Beibehaltung des einheitlichen Bildschemas und dem engen zeitlichen Entstehungszeitraum ein Werkstattbetrieb anzunehmen ist, der über eine reichhaltige Bilderkenntnis verfügte. Dazu dürften neben der mittelbaren Kenntnis französisch-burgundischer Handschriften auch illustrierte Handschriften zu Kriegs- und Kampftechniken wie Konrad Kyesers ›Bellifortis‹ oder Hans Talhoffers ›Fechtbuch‹ gezählt haben (vgl. Stoffgruppe 39.4.; Domanski [2011]).

Bildthemen:

Die überwiegende Zahl der Illustrationen zeigt kriegerisches Geschehen, Truppenauszüge, Angriffe und Belagerung von Burgen und Städten, mit und ohne Zeltlager, kleinere Gefechte oder Schlachten, Kapitulationen, Überfälle, Plünderungen, Brandschatzung (kommentierte Liste der Bildthemen bei Bartlome [1988] S. 99–138). Dabei oftmals mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Ereignisse und spezielle Kriegslisten sowie ausgefallene Kriegs- und Belagerungsmaschinen dargestellt (S. 111: die »Katze«, S. 130: »Katze« und Minenbau, S. 270: Schleifsteine im Bremgartenwald, S. 870: Geschützfloß mit »Schnecke« der Schwyzer). Die Illustrationen werden häufiger durch im Text nicht genannte Details bereichert, um die Dramatik zu unterstreichen (etwa S. 118: Bittgebärde des Burgherrn als Zeichen der Kapitulation, S. 189, S. 274, S. 309, S. 348: Zeigegesten, S. 341: Nacktheit der überfallenen Glarner unterstreicht ihre Wehrlosigkeit beim nächtlichen Überfall, S. 418: Zwei Eidgenossen geben einem Erschöpften Kameraden zu trinken).

Nur wenige Illustrationen zeigen innerstädtische Ereignisse wie die Stadtgründung (S. 13, 16, 19, 41), Anekdoten (S. 27, 29), Mordfälle (S. 56, 104, 301), eine Verhandlung, (S. 141), die »Zürcher Mordnacht« (S. 227) oder den Stadtbrand Berns (S. 394, 397, 398). Hinzu kommen fünf Innenraumdarstellungen (S. 252, 427, 466, 477, 595), zugleich die einzigen gerahmten Illustrationen, bei denen es sich bis auf die letzte (Tod des Grafen von Toggenburg) um Darstellungen König Sigismunds handelt, die seine Kaiserkrönung und seine Funktion als Richter zeigen. Drei weitere Illustrationen staatstragenden Inhalts: die Einzüge König Sigismunds nach Bern und zum Konzil nach Konstanz (S. 438, 445) und der Besuch König Friedrichs in Zürich (S. 729).

Farben:

Bestimmend sind verschiedene Grüntöne für den Bildgrund, im Kontrast mit Rot (nicht von Rüstungsteilen verdeckte Kleidung, Dächer) und Gelb für Holzteile, Grau- und Brauntöne in unterschiedlichen Mischungen zur Modellierung von Gewändern und Rüstungen. Blau im ersten Teil gar nicht, im zweiten fast ausschließlich heraldisch verwendet. Deckfarben nur ausnahmsweise und bevorzugt für heraldische Elemente (Wappen und Fahnen), Rubrikationstinte für Flammen, Wappen, Blut, rote Kreuze. Unterschiedlich angerührte Pigmente, daher Kolorierung in mehreren Etappen, ab S. 383 Abbruchkante grau, zuvor eher rosa getönt, Grün mit deutlichem Gelbstich.

Faksimile:

Tschachtlans Bilderchronik. Faksimile-Ausgabe der Handschrift Ms. A 120 der Zentralbibliothek Zürich. Hrsg. von Alfred A. Schmid. Luzern 1988; Tschachtlan Berner Chronik 1470. Handschrift A 120 der Zentralbibliothek Zürich. Bearb. von Hans Bloesch, Ludwig Forrer und Paul Hilber. Genf / Zürich 1933 (Teilfaksimile).

Literatur:

Mohlberg (1951/1952) S. 5. – Haller 4 (1786) Nr. 614, S. 310–312; Studer (1860) S. 5–7; Rahn (1876) S. 710–711; Zemp (1897) S. 23–35; Wegeli (1915) S. 73–105, Taf. I–VII (S. 60, 87, 124, 133, 278, 512, 684); Muschg/Gessler (1941) S. 163–165, Abb. 1–7 (S. 202, 356, 203, 741, 790, 861, 462); Gantner (1947) S. 367–370; Homburger (1953) S. 128; Juker (1964) S. 7; Baumann (1971) S. 8–24; Bodmer (1976) S. 94, Abb. 1 (S. 694); Feller/Bonjour (1979) Bd. 1, S. 14–16; Gagliardi/Forrer (1931–1982) Sp. 93–94; Bartlome (1988) S. 85–138; Michel (1988) S. 53; Cattani (1989) S. 26–29; Ott (1989) S. 84 f.; Hale (1990) S. 43 f.; Pfaff (1991) S. 9–13; von Scarpatetti 3 (1991) Nr. 458, S. 166, Abb. 371 (S. 247); Schmid (2006) S. 74, Abb. 3 (S. 56); Domanski (2011).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 164: S. 198. Heinrich Dittlinger und Bendicht Tschachtlan, ›Berner Chronik‹: Berner brandschatzen das Land des Grafen von Kyburg.

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Abb. 164.