KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

13.0.9. Hannover, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Nieder­sächsische Landes­bibliothek, Ms I 57

Bearbeitet von Norbert H. Ott

KdiH-Band 2

Datierung:

Letztes Drittel des 15. Jahrhunderts.

Lokalisierung:

Bayern.

Besitzgeschichte:

63v und 64v Familiennotizen von 1483–1485 über eine Eheschließung und drei Geburten, ohne Namensnennungen; 63v unter dem Eintrag Aquarell einer ornamentalen Pflanze auf gewölbtem Bodenstück.

Inhalt:
1r–63r Jacobus de Theramo, ›Belial‹, deutsch

Übersetzung A

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 64 Blätter, 290 × 210 mm, Bastarda, eine Hand, einspaltig, 24 Zeilen, zweizeilige rote Lombarden, Strichelung, Nachweise der Rechtsbücher- und Bibelstellen sowie Namen rot unterstrichen.

Schreibsprache:

bairisch.

II. Bildausstattung:

46 kolorierte Federzeichnungen (2v, 3v, 4v, 5v [müßte vor 4v stehen, Blatt 5 fälschlich hier eingeschoben, Blattverlust: fehlt Descensus-Illustration?], 7v, 9r, 9v, 10v, 13v, 15r, 16r, 18v, 20r, 21v, 23r, 24v, 26r, 27v, 32v, 34v, 35r, 36v, 37v, 38v, 40r, 41r, 41v, 42r, 42v, 43r, 43v, 44v, 45v, 46v, 47r, 48v, 51r, 54r, 55v, 56r, 57v, 58v, 60r, 61r, 61v, 62v), ein Zeichner.

Format und Anordnung:

Schriftspiegelbreite, querrechteckige und quadratische Federzeichnungen (ca. 100–135 × 135 mm), 4v hochrechteckig, am Kopf oder am Fuß der Seite, einige Male auch auf der Seitenmitte, nie über den Schriftraum ragend, in unmittelbarer Nähe der illustrierten Textpassage. Rahmung mit doppelter, dünner Pinsellinie in wechselnden Farben.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Bildszene spielt stets vor unbemaltem Papiergrund auf einem flachen, bandartigen, mit Kreuzschraffen gestrichelten Bodenstück ohne sonstige Raumandeutung, auf das die den Handlungsort charakterisierenden Gegenstände wie der Thron des Richters oder die Sitzbank der Schiedsleute frontal oder seltener seitlich gedreht gestellt sind. Im Zentrum der Kompositionen stehen die die Bildfläche meist völlig ausfüllenden, oft an den oberen und unteren Rand stoßenden Figuren. Nur wenige Illustrationen scheren aus diesem Schema aus, so die Verkündigung Mariae 2v, wo auf dem Bodenstreifen ein vorne offener, von einer Mittelsäule gestützter Gewölberaum steht, in dem die Figuren agieren. Wie diese Darstellung folgt wohl auch die frontalsymmetrische Kreuzigungsgruppe 3v einem älteren traditionellen Bildtyp. Auch die Höllenszenen weichen variierend vom üblichen Kompositionsmodell ab, indem der Höllenrachen – vor allem der von vorne gesehene Rachen 5v – den größten Teil der Bildfläche füllt.

Gedrungene Personen mit übergroßen runden Köpfen und ausdrucksvollen, differenziert gezeichneten Handgebärden. Starre, teilweise grotesk übersteigerte Mimik. Ausgeprägte, zuweilen zu fast grotesken Verrenkungen erstarrte Körpergesten. Belial stets nackt mit einem hohen Haarbüschel zwischen langen, spitzen Ohren, nach unten gebogener Hakennase, starren Knopfaugen, Klauenfüßen, aber »menschlichen« Händen. Der Illustrator legt großen Wert auf abwechslungsreiche, auch modische Kleidung: Salomo, Joseph und die übrigen Prozessbeteiligten – außer Moses im langen Kapuzenmantel – erscheinen stets mit anderen spitzen Schuhen, pelzbesetzten Mänteln verschiedener Farbe, Brokatumhängen und phantasievollen Kopfbedeckungen wie gefütterten Mützen, Turbanen, Kronen. Außer solchen mittels der Kostümierung bewirkten Variations- und Individualisierungsversuchen zeigen auch die gegenständlichen Details eine starke Tendenz zur Variation: Der Thron des Richters wechselt – als Kastensitz, Baldachinthron oder mit Schnitzwerk verzierter, hochlehniger Stuhl – von Szene zu Szene. Hinter diesem genrehaften »Realismus« tritt die korrekte Schilderung rechtsrelevanter Attribute jedoch zurück: Das Zepter oder der Stab des Richters, die notwendigen Schriftstücke oder auch der im Text erwähnte Schreiber können öfters fehlen.

Intensive Strichelung aus Kreuzlagen, kurzen Parallelschraffen (auch Pinsellinien) und gekrümmten Häkchen (vor allem für die behaarten Körper der Teufel und Belials), Modellierung auch mit verschiedenen Abstufungen der Tonwerte; Brokatmuster mit dem Pinsel, den Gewandfalten folgend, aufgetragen. Reicher Faltenwurf der schwer fallenden, stoffreichen Gewänder aus Parallelfalten, runden, s-förmigen Faltenwürfen, mitunter auch eckigeren Faltenbrüchen.

Bildthemen:

Außer den üblichen Prozessbildern mehrere Darstellungen aus biblisch-heilsgeschichtlicher Tradition: Mariae Verkündigung (2v) und Kreuzigung Christi mit Maria und Johannes (3v) als Illustrationen der Einleitungspassagen; Christi Abschied von den Jüngern (62v) als ein die Konsequenz des Urteils deutendes Schlußbild; vier Bilder des Jüngsten Gerichts (56r, 57v, 58v, 60r) zu den Aussagen des Schiedsmanns Jeremias. Der in der zweiten Prozessinstanz angeführte Streit der Vier Töchter Gottes wird außer im Wiener Cod. 3085, 188v (Nr. 13.0.26.) nur noch in Hannover 40r illustriert.

Farben:

Zinnober, Grün, mattes Blau, bräunliches Grau, Gelb.

Literatur:

Härtel/Ekowski I (1989) S. 48f. – Ott (1983) S. 304. 392–403 (Beschreibung sämtlicher Illustrationen) und passim, Abb. 28 (2v). 29 (35r). 30 (40r). 31 (57v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 17: 41r. Moses bittet Joseph von Ägypten, den Richter der zweiten Instanz, Salomos erstinstanzliches Urteil anzuerkennen.

Abb. 18: 47r. Jeremias spricht zu seinen Schiedsleuten Jesaia, Aristoteles und Octavian Augustus.

13.0.9._Abb._17.jpg
Abb. 17.
13.0.9._Abb._18.jpg
Abb. 18.