KdiH

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59.8.5. Wien, Bibliothek des Kapuzinerkonvents, o. Sign.

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

Drittes Viertel 15. Jahrhundert (um 1468).

Lokalisierung:

Wien/Wiener Neustadt.

Besitzgeschichte:

Der Einband deutet auf eine Entstehungszeit um 1468/69: Haidinger (2004), S. 21 mit Anm. 93, identifiziert diesen als Produkt der Buchbinderwerkstätte C1 (siehe Kurt Holter: Verzierte Wiener Bucheinbände der Spätgotik und Frührenaissance. Werkgruppen und Stempeltabellen. Codices Manuscripti. Sonderheft [1977], S. 12 ohne diese Handschrift); weitere in dieser Werkstatt gebundene Handschriften sind dem Entstehungsraum Wien/Wiener Neustadt zuzuordnen. Bis 1787 im Villacher Kapuzinerkloster (1v: Loci Capuzinorum Villach A/1.), danach in Klagenfurt. In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts im Zuge der Archivzentralisierung des Ordens nach Wien gelangt.

Inhalt: Historienbibel IIIb
1ra–320va Alte Ee
1ra–2ra Prolog
2ra–320va Genesis bis Makkabäer II
mit dem ›Hiob‹ des Österreichischen Bibelübersetzers und dem ›Prophetenauszug‹
320va–357vb Neue Ee
320va–vb Prolog I
321vb–322ra Prolog II
322rb–357vb Leben Jesu und Papst-Kaiser-Chronik
358ra–364va Register
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 366 Blätter (moderne Foliierung entspricht der Originalzählung; unbeschrieben: 365–366), 407–410 × 270–280 mm, zweispaltig, 40 Zeilen, saubere Bastarda, ein Schreiber (identisch mit Vorau 273 und Wien, Schottenstift [Nr. 59.8.4. und Nr. 59.8.7.]), in der ersten Zeile einer Seite cadellenartig kalligraphierte Oberlängen, rote und blaue Lombarden über drei Zeilen, rote Strichel, Überschriften, Caput-Zeichen.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch.

II. Bildausstattung:

257 kolorierte Federzeichnungen: 247 zur Alten Ee, 10 zur Neuen Ee, wohl ein Zeichner. 43 Ornamentinitialen in Deckfarbenmalerei und Blattgold.

Format und Anordnung:

die Federzeichnungen in exakt gezeichnetem Rahmen aus sich in den Ecken überschneidenden, rot gefüllten Doppellinien; nahezu quadratisch, eher knapp als großzügig in den Schriftspiegel eingepasst; ohne Beischriften zwischen dem Text, meist in unmittelbarer Nähe der Bezugsstelle. – Die Initialen auf quadratischem Grund in Kastenrahmen, in voller Schriftspiegelbreite, im Format den Illustrationen angepasst (über neun bis zwölf Zeilen).

Bildaufbau und -ausführung:

Initialen in kräftigen Deckfarben oder Blattgold, Buchstabenkörper wie Hintergrund meist Ton in Ton, in Gegenfarben, Gold- oder Silberübermalung oder in Goldpunzierung gemustert mit Blattwerk-, Ranken- oder geometrischen Ornamenten, Binnenfüllung und Grund meist unterschiedlich, innen vielfach Rautenmuster.

Die Illustrationen in sicherer und sorgfältiger Federzeichnung, Plastizität wird durch Farblavierung der Schattenpartien erreicht, lediglich Bodenstücke erhalten durch Schraffen zeichnerische Modellierung. Der Hintergrund bleibt stets bis auf die Andeutung von Himmel in blassblauer Pinsellavierung frei. Figuren, Figurengruppen und Architekturen nehmen nahezu die volle Bildhöhe ein, auf dekoratives Beiwerk (Bäume, Blüten o. ä.} verzichtet der Zeichner ebenso wie auf ausführliche Innenraumdarstellungen (etwa als Kulisse für Mahlzeiten, Krankheits- oder Schlafszenen) völlig. Im Zentrum steht die exakte und lebendige Personenzeichnung: Die Akteure sind von gedrungener Gestalt, die Gesichtszüge sind in wenigen, doch kräftigen Linien angegeben.

Malanweisungen lagen vor, sind am Blattrand aber nur ausnahmsweise erhalten: z. B. 115r oben der Jordan stet zu paidn seiten auf pis das Hausz herueber chumpt (vgl. auch 132v).

Bildthemen:

(Bildthemenliste siehe Eisler [1907]): Im Text-Bild-Programm nimmt die Kapuzinerhandschrift eine Vermittlerposition zwischen der Handschriftengruppe Berlin, Ms. germ. fol. 1108 / Codex discissus / Wien, Cod. 2766 (Nr. 59.8.1., Nr. 59.8.2., Nr. 59.8.6.) auf der einen und dem Paar Vorau 273 / Wien Schottenstift (Nr. 59.8.4., Nr. 59.8.7.) auf der anderen Seite ein. Im Umfang deutlich zurückhaltender als Vorau 273 und Schottenstift (z. B. zum Bericht über das irdische Leben Adams und Evas, zu Rut, zu Jeremia) steht die Handschrift der ersten Gruppe näher, mit der sie auch die Kurzredaktion der Neuen Ee teilt. Doch stimmt die Kapuzinerhandschrift gerade an signifikanten Stellen (z. B. die ausführliche Bebilderung der Ägyptischen Plagen) auch mit Vorau 273 / Schottenstift überein. Anlässlich der Schreiberidentität stellt sich die Frage nach der Entwicklung des Text-Bild-Programms. Der Kapuzinerhandschrift könnte hier eine Schlüsselfunktion zukommen, wenn sich belegen ließe, dass sie die erste Fassung des Schreibers darstellt, die dieser dann in der Vorauer wie in der Schotten-Handschrift unter Benutzung zusätzlicher Text- und Bildvorlagen auffüllte. Dabei geht das Bildprogramm keineswegs gänzlich in den Folgeversionen auf. Vielmehr hat die Kapuzinerhandschrift etliche Bildthemen ohne jede Parallele in der Bebilderung der Historienbibel IIIb, so die Bestrafung Nadabs und Abihus ( 92vb), die Verfolgung Sauls durch David bis in die Höhle (148va), Daniels Visionen des Kolosses mit den tönernen Füßen und des Baumes, von dem alle Tiere der Welt fressen (304ra, 305ra), die Darstellung St. Martins vor Kaiser Maximus in der Neuen Ee (351va).

Farben:

In den Federzeichnungen herrschen helles Grün, Blau, Gelb und Rot vor.

Literatur:

Menhardt (1927) S. 255. – Robert Eisler: Die illuminierten Handschriften in Kärnten. Leipzig 1907 (Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich 3), S. 58–63, Fig. 21 (33r). 22 (67r). 23 (150r). 24 (340v); Vollmer (1912) S. 151–153, Nr. 61; Vollmer (1925–1927) II, Taf. II (101r); Vollmer (1927) Taf. V (314v); Ross (1971) S. 119, Abb. 169 (257ra); Kornrumpf (1991) S. 362 u. ö.; von Bloh (1993) S. 316–318, Abb. 68 (4v). 69 (7r); Haidinger (2004) S. 21.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 40: 244v. Collantinus schüttet Lucretia Wein ins Gesicht.

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Abb. 40.