KdiH

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49a.4.1. Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. Berol. germ. quart. 132

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 6

Datierung:

Zwischen 1505 und 1533 (Feldhaus/Reicke [1933] S. 222–227).

Lokalisierung:

Nürnberg.

Besitzgeschichte:

Martin Löffelholz (auch: Löffelholtz) ist der Erstbesitzer und vermutlich auch Schreiber der Handschrift. 1r Ganzseitiges Allianzwappen der Familie Löffelholz (Lamm auf rotem Grund) und Haug (Meerkatze auf Dreiberg mit Spiegel in der Hand) mit Jahreszahl 1505. Vorderer Spiegel: alte Signatur J:43 (?). Verbleib der Handschrift: unbekannt bis zur Erschließung durch Degering (dessen Eintrag zum Löffelholzwappen: Ir). Die Handschrift war bis 1941 in der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin, deren Handschriftenbestand 1941 teilweise nach Polen evakuiert wurde; seit 1947 befindet sie sich in der Biblioteka Jagiellońska (Zdzisław Pietrzyk: Book Collections from the Former Preussische Staatsbibliothek in the Jagiellonian Library. In: Polish Libraries Today. Vol. 6: Foreign Collections in Polish Libraries. Warschau 2005, S. 81–87).

Inhalt: sog. Löffelholz-Codex
1. 1v–55v Darstellungen von verschiedenen Werkzeugen, Hilfsmitteln, Geräten, Rezepten und Tricks mit Beschreibung, deutsch

1v–6r Diverse Bohrer, Schraubstöcke, Zirkel; 6v Zur Herstellung eines gekrümmten Bogens; 7r–8r (ohne Beischrift) Hobelbänke, Spannbacken; 9r (unfertig, Platz für Darstellungen ?) Item wiltú mit der hent in heiß geluent zú gang pleý greúffen …; 9v (unfertig, Platz für Darstellungen ?) Item wiltú in haiß pech griefn halt die hent wol in kalt waßer …; 10r–10v Stuhl mit Rollen, auf der Rückenlehne: 1504 (?), Metallbauteile (Halterung, Rollen); 11r Tür mit Beschlägen, so dass sie nach links und rechts geöffnet werden kann; 11v Wendeltreppe mit Drehvorrichtung (Geheimtreppe); 12r–v Kinderwiege, die sich von selbst wiegt; 13r Werkzeuge: Bolzen, Daumenstock etc.; 13v Pfeilaufsätze; 14v Armbrust; 15r–v Schraubstock für die Befiederung von Pfeilen; 17r Geschmiedete Waffen; 17v Zwei Kugelbogen und eine Kugelzange; 19r Armbrust für Pfeil und Kugel, zwei Bolzen; 19v Spannbock und Armbrust; 20r Landsknecht spannt eine Armbrust in einem Spannbock vor einer Landschaft; 20v–21v Hilfsmittel zum Spannen, Flaschenzug; 22r–v Ein dürckisch pogen mit Zubehör; 23v–27v Einzelteile und Zubehör einer Armbrust (z.T. ohne Beischrift); 28r (unfertig, Platz für die Darstellung eines Hammers) Daß kort als zu ein veidt hamer der ist so groß als der do ist; 28v–31r Spezialwerkzeug, Kriegswerkzeug: Fußeisen, Anker, Eisensohlen zum Schutz vor Fußangeln etc. (z. T. über Doppelseiten); 31v Schraubnägel; 32r– 37r aller leý gefencknúß Hand- und Fußfesseln etc., Daumenstöcke, Folterteile/-stuhl, Schlösser; 37v–38r Verschiedene Werkzeuge, darunter ein verstellbares Hufeisen; 38r maulkorb für ein Pferd; 39r Zugeisen (?); 39v–41r Fallen und ihr Aufbau im Feld (z. T. ohne Beischrift); 42r Mann, der einen Hund anlockt: Item wiltú das dir ein húndt nach laft als weidt dú wilt …; 42v (Beischrift getilgt) Viehweide; 43r Ein Mann lockt einen hirschen in eine Falle; 43v (auf dem Kopf stehend) Vermutlich ein Talisman: húlsslein an einer Perlenkette, ein zierlich geheng, in der Hülse kann ein Zettel aufbewahrt werden, so dass er wirt von keinem regen nidt naß …; 46r Stachelhalsband; 46v Rezept gegen Würmer (auf dem Kopf stehend, Text z.T. getilgt, ohne Darstellung); 47r–v Wolfsangel; 48r–49v Wie man Bäume bearbeitet; 49r–50v Rezepte: Fleisch sieden, Färben etc. (49v ohne Darstellung); 51r Ein Klapptisch mit einer Bank sowie Löffel, Krug und Messer (ohne Text); 52r Herstellung von Bindematerial aus Stroh (?); 52v Mann, der sich als Toter verkleidet: Ein dott zú machen; 53r (Textseite) Item wiltú machen ein erschrocklich gesicht als der dott …; 53v Anleitung zum Baumspalten; 55r Schneideanleitungen: Schneiden eines Glases mit glühender Kohle, Schneiden eines Apfels oder einer Birne mit Zwirnfaden; 55v Tricks mit Eiern: Haare in ein Ei stecken; das Ei so weich machen, dass man es durch einen Ring schieben kann; einen Brief für einen Gefangenen in einem Ei verstecken, Item wiltú das dir ein aý an einem spieß in die hoch laf

2. 56r–76r Ohne Darstellungen: Rezepte, Ratschläge, Tricks etc., deutsch
Darunter: 58r von hassen Item wens nas wittertt sitzt der has in weitt veld ...; 59r So eim ein wútender húndt peist (Tollwut?) ...; Item So hab ich gelessen so einer dýe funf nach folgenden wortt auf ein keß schreibt ...; 62r Wolff. Item wiltú daß dir die wolff keinen ...; 67r für koder; 70r Eýssen weich zú machen ...; 71r Seife machen; 74r Item so dú wilt haben das dich eins mús lieb haben schreib dein und iren namen an ain(?) apfl las den am paum pis der selbst abfelt den apfl gib der zú eßen ...; 75r leim zú machen ...
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 77 Blätter, ein Vorsatzblatt vorne und hinten, 230 × 165 mm, moderne Foliierung. Text in der Regel einspaltig, Kursive, ein Schreiber, wohl Martin Löffelholz, Patrizier und Ritter aus Nürnberg, er heiratete 1497 Anna Haug († 1520/1521) und starb 1533 (Feldhaus/Reicke [1933] S. 222–227). Der Schreiber nennt sich auf 56r in der ich-Form: Item So hab ich gelessen … . Da die Schrift zeitbedingte Abweichungen aufweist, scheint die Handschrift über einen größeren Zeitraum hinweg entstanden zu sein.

Schreibsprache:

nürnbergisch.

II. Bildausstattung:

Zahlreiche lavierte Federzeichnungen, wohl von einer Hand. Leerräume (28r ist ohne Bild, im Text heißt es aber: Daß kort als zu ein veidt hamer der ist so groß als der do ist) und leere Seiten (8v, 14r, 16r–v, 18r–v, 23r, 25v, 32v, 33v, 35r, 36v, 41v, 44r–45v, 51v, 54r, 54v, 57r, 57v, 60r–61v, 62v, 63v, 65v–66v, 67v–69r) geben darüber Aufschluss, dass Platz für spätere Ergänzungen vorgesehen war.

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung:

Freistehende Zeichnungen je eines oder mehrerer Werkzeuge auf der Buchseite, für längliche Werkzeuge (Bänke, Tische etc.) dreht der Zeichner die Seiten um 90 Grad, so dass ihm mehr Platz zur Verfügung steht (15v, 21v). Zweimal wurden Werkzeuge über eine Doppelseite hinweg angeordnet (28v–29r, 29v–30r), wobei auch hier manche Objekte um 90 Grad gedreht erscheinen. Durch das viele Drehen und Wenden der Handschrift stehen die Darstellungen auf 21r, 24r, 24v, 34v, 43v, 46r (?), 46v auf dem Kopf.

Die Beischrift wird nahe am Bild oder um das Bild herum platziert und nach Möglichkeit optisch ansprechend angebunden sowie ebenfalls bei Bedarf um 90 Grad gewendet angebracht (Taf. 49a.IIa: 14v).

Obwohl die Schreiberhand zeitbedingte Abweichungen aufweist, wirkt das Werk doch aus einem Guss. Der Zeichner bleibt stilistisch einheitlich und bei der festgelegten Farbigkeit. Die Kombination der dargestellten Werkzeuge aus Holz und Eisen gibt auch die gleichmäßige Farbigkeit der Handschrift vor, die zwischen einem blau-grauen Ton für Eisen und Braun für Holz changiert. Sogar die bräunliche Tinte des Schreibers harmoniert mit diesen Farbtönen und wurde wohl ganz bewusst gewählt.

Die komplizierten Schrauben und Drehungen der Werkzeuge stellt der Maler ohne große Probleme mit perspektivischen Verkürzungen dar, nur bei komplexen Konstruktionen wie dem Rollstuhl (10r) kommt es zu perspektivischen Ungenauigkeiten. Selten stehen Figuren oder größere Gegenstände in einem Raum, dessen Kacheln leicht nach hinten fluchten (11v, 52r). Dem Maler waren die Konstruktionsprinzipien der Zentralperspektive offenbar nicht geläufig, was jedoch auf den ersten Blick kaum auffällt. Die Dreidimensionalität der Objekte wird durch den Schatten unterstrichen, den sie auf die Buchseite werfen, ebenso durch die fein ausgeführten Schraffuren und die Behandlung von Licht und Schatten. Besonders die eisernen Partien der Werkzeuge stechen mit ihren Schlaglichtern hervor, die Glanz vermitteln und deren weiß-bläuliche Töne langsam in dunkleres Blau-Grau übergehen.

Bildthemen:

Eis (1955, Sp. 620) unterteilt die Themen der Handschrift (siehe oben: Inhalt) in drei Bereiche: »opificium« (Handwerk), »armatura« (Waffenschmiede- und Kriegskunst), »venatio« (Tierheilkunde / Jagd), wobei er in der Vorliebe für Werkzeuge mit Drehungen und Windungen das besondere Charakteristikum der Handschrift sieht. Damit steht der Codex im Kontext eines wieder aufblühenden Interesses an den ›Artes mechanicae‹ in den Kreisen des Patriziats (Feldhaus/Reicke [1933] 227f.). Ähnliche Darstellungen und Interessenslagen finden sich auch in der im Themenspektrum weitaus umfangreicheren Bilderhandschrift MS.B 200 in Erlangen (Nr. 49a.5.1.) wieder.

Die Handschrift präsentiert gänzlich neue Werkzeuge, Waffen und Gegenstände, die in ihrer Zeit einzigartigen Charakter hatten (Feldhaus/Reicke, S. 224.), z. B. eine Doppeltür (11r), die sich nach links oder rechts öffnen ließ, so dass die Angehörenden unterschiedlicher Konfessionen den Ratssaal nicht durch die gleiche Tür betreten mussten. Diese Tür sei eine Erfindung Hans Ehemanns († 1551), eines bekannten Nürnberger Schlossers, den Feldhaus gerne mit der Handschrift in Zusammenhang bringen würde (Feldhaus/Reicke, S. 225f.). Die neue, verbesserte Waffentechnik, die in der Handschrift gezeigt wird (17r), führt Feldhaus auf die Umstellung von der Armbrust auf die Feuerwaffe unter Maximilian I. zurück (Feldhaus/Reicke, S. 226). Dass die Jagd eine Kunst ist, für die Werkzeuge und Fallen gebraucht werden, zeigt u. a. die ausführliche Behandlung der Wolfsangel (47r–v), die ganze vier Mal dargestellt wird (ein fünftes Bild war vorgesehen, unten auf 47v ist noch eine Bleistiftvorzeichnung sichtbar).

Tricks (52v Ein dott zú machen siehe Taf. 49a.IIb, 55v Eiertricks), einfache Rezepte (49r Fleisch sieden) und Erfindungen (11v Geheimtreppe, 10r–v Stuhl mit Rollen, fälschlicherweise benannt mit ›Lutherstuhl‹) werden gleichberechtigt nebeneinander aufgereiht, wobei zumindest der Anspruch vermittelt wird, dass die Anleitungen auch in der Praxis umgesetzt werden könnten (53r Baumspalten).

Farben:

Braun, Grün und Blau-Grau, selten: Rot, Gelb und Schwarz.

Literatur:

Degering 2 (1926) S. 22. – Gerhard Eis: Löffelholz, Martin. In: 1VL 5 (1955) Sp. 619f.; Franz Maria Feldhaus: Eine Nürnberger Bilderhandschrift mit einem Nachtrag von Emil Reicke: Martin Löffelholz, der Ritter und Techniker (gest. 1533). Enthüllungen über den Verfasser der Handschrift. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 31 (1933), S. 222–239, Taf. 3f. (1v, 11v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. 49a.IIa: 14v. Armbrust.

Taf. 49a.IIb: 52v. Mann, der sich als Toter verkleidet.

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Taf. 49a.IIa.
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Taf. 49a.IIb.