KdiH

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34.0.2. Nürnberg, Stadtbibliothek, Solg. Ms. 15.2º

Bearbeitet von Christine Stöllinger-Löser

KdiH-Band 4/1

Datierung:

Um 1465.

Lokalisierung:

Neckartal (in den vorderen und hinteren Spiegel eingeklebte Urkunde Melchiors von Hirtzhorn von 1464).

Besitzgeschichte:

Die genaue Herkunft der Handschrift ist nicht bekannt. Sie wurde 1766 mit der Sammlung des Nürnberger Predigers Adam Rudolph Solger von der Stadt Nürnberg erworben.

Inhalt:
1r–77v Altes Testament deutsch (Walthers 10. Zweig): Salomonische Schriften (Prv, Ecl, Ct, Sap, Sir)
79r–96v Martin von Braga (Dumiensis), ›Formula honestae vitae‹, deutsch (hier Seneca zugeschrieben)
98r–148v ›Die Erlösung‹
150r–156v Aufzählung von Sünden, lateinisch-deutsch
157r–159v Rat gegen Anfechtungen
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, I + 168 Blätter, 280 × 203 mm, Textlücken (je ein Blatt) zwischen 117–118, 118–119, 131–132, Rubrizierungen (rote Überschriften, Strichelungen, 98r–148v abwechselnd rote und blaue, sonst rote Initialen, zweizeilig). 32–37 Zeilen, abgesetzte Verse, Buchkursive, durchgehend ein Schreiber.

Schreibsprache:

südrheinfränkisch.

II. Bildausstattung:

Nur der Text der ›Erlösung‹ ist illustriert: 53 Federzeichnungen, zum Teil zwei auf einer Seite (97v, 98r, 99r, 100r, 106v, 107r, 107v, 108r, 108v, 109r, 109v, 110r, 110v, 111r, 111v, 112r, 112v, 113v, 114r, 114v, 115r, 115v, 116v, 120v, 122r, 124v, 126r, 126v, 128r, 129r, 129v, 131r, 132r, 132v, 133v, 134r, 134v, 135r, 136r, 136v, 138r, 138v, 139v, 140r, 141v, 143r, 144v, 146v), ein Zeichner. Möglicherweise (dafür sprechen die Zahlen der fehlenden Verse) enthielten die drei verlorenen Blätter (s. o.), die die Verse 2575–2707, 2856–2985 und 4697–4830 umfaßten, auch drei Illustrationen: vermutlich die Verkündigung an Maria, Marias Besuch bei Elisabeth und Maria Magdalena, die Jesu Füße salbt.

98r am Textbeginn Blattwerkinitiale G, grün in rotem Profilrahmen (37 × 44 mm), Binnenraum purpur mit Silberdamaszierung; darüber eine geschwungene Blattranke quer über die Breite des Schriftraums in Violett und Grün.

Format und Anordnung:

Die Zeichnungen sind in die Textspalten auf dafür vorgesehenem Freiraum integriert, jeweils dem dazugehörigen Textstück vorangestellt, ca. 13 Zeilen hoch, zumeist die Breite einer Spalte ausfüllend, in einigen Fällen querrechteckig beide Spalten (120v Christi Geburt, 122r Anbetung der Könige, 131r Einzug Jesu in Jerusalem, 146v Jüngstes Gericht). Das Eingangsbild vor Textbeginn (97v) ist ganzseitig (218 × 156 mm) und in vier Rechtecke unterteilt, je zwei neben- und untereinander.

Bildaufbau und -ausführung:

Mit Deckfarben kolorierte Federzeichnungen mit doppelter Umrahmung (hell- und dunkelviolett und -grün). 23 Einzelfiguren in modischen Gewändern und lebhafter, tänzerischer Bewegung, mit geschwungenen Spruchbändern mit ihrem Namen und einer lateinischen Erläuterung, und 30 Figurenszenen, lebendig und zum Teil realitätsnah ausgeführt. Strich- und Faltenführung sind vom gleichzeitigen Holzschnitt geprägt. Sorgfältiger, kräftiger Farbauftrag in gedämpften Tönen, Nimben in Pinselgold und -silber, Hintergründe blaue Himmelsstreifen, grüne, gelbe oder braune Bodenstücke.

Bildthemen:

(Bildthemenliste bei Zirnbauer). 97v: die vier Elemente, mit Bezug zur Einleitung über die Schöpfung. Danach ein Zyklus biblischer Darstellungen um Schöpfung, Sündenfall und Erlösung, wobei die Einzelbilder von Patriarchen und Propheten mit den Heiden Sibylla, Nebukadnezar und Vergil über den biblischen Rahmen hinausgehen. Die Szenenbilder gelten dem Leben Jesu und seiner Jünger bis zum Tod Marias, ergänzt durch zwei Bilder aus dem Leben des Antichrist (143ra seine Geburt und 144va sein Sturz durch zwei Teufel) und das Jüngste Gericht. Die Geburt des Antichrist zeigt eine ähnliche Bildkonzeption mit Teufeln als Hebammen wie das chiroxylographische Antichrist-Blockbuch von ca. 1450 (Faksimile-Ausgabe von Heinrich Th. Musper, München 1970) und das Entkrist-Blockbuch aus Schwaben, Mitte 15. Jahrhundert (Faksimile von Kurt Pfister, Das Puch von dem Entkrist [1925]); vgl. Blumenfeld-Kosinski (auch zu französischen und tschechischen Parallelen des 14. Jahrhunderts).

Farben:

Violett, Blau, Grün, Gelb, Braun, Rot, Weiß, Grau, Silber, Gold.

Literatur:

Schneider (1965) S. 471–475 (S. 472–474 Heinz Zirnbauer zu den Illustrationen). – Bartsch (1858) S. 10 f.; Wilhelm Walther: Die Deutsche Bibelübersetzung des Mittelalters. Braunschweig 1889–1892 (Nachdruck Nieuwkoop 1966), Sp. 385 f.; Friedrich Maurer: Überlieferung und Textkritik der Erlösung. ZfdA 68 (1931) S. 196–214 (S. 201 f. zu den Illustrationen); Renate Blumenfeld-Kosinski: Illustration as Commentary in Late Medieval Images of Antichrist’s Birth. Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 63 (1989) S. 589–607, hier S. 595 (nur zur Geburt des Antichrist).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Schneider 1965: Bl. 97v, 100v, 107vb [!], 110ra [!]

Taf. VIIIa: 131r. ›Die Erlösung‹: Einzug Jesu in Jerusalem.

Abb. 60: 143r. ›Die Erlösung‹: Geburt des Antichrists.

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Taf. VIIIa.
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Abb. 59.