65.2.2. Graz, Universitätsbibliothek, Ms. 287
Bearbeitet von Pia Rudolph
KdiH-Band 7
Anfang 13. Jahrhundert / um 1400.
Seckau.
Die Handschrift ist im Chorfrauenstift Seckau entstanden, das bis 1782 zur Diözese Seckau gehörte (seither: Diözese Graz). Im Zuge dieser Verlagerung kam die Handschrift in die Universitätsbibliothek Graz (Neugründung: 1775).
1r | Nachtrag (wie 9r–12v), lateinisch | |
1. | 1v–8r |
Kalender, lateinisch mit deutschen Nachträgen
1v–7r Kalender mit den ›Grazer Monatsregeln‹, lateinisch-deutsch sowie Angaben zu verworfenen Tagen, Sonntagsbuchstaben, Abfolge der Tage (röm. Zählung), Heiligenfesten; 7v–8r Tabellen zur Berechnung des Ostertermins
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2. | 8v | Mariensequenz, deutsch |
3. | 9r–12v | Bildtafeln mit lateinischen Gebetsnachträgen |
4. | 13r–47v | Hymnar, lateinisch |
5. | 47v–56v | Totenvigiliae, lateinisch |
6. | 56v–81v |
Marienoffizien, lateinisch
mit Gebetseinschüben
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7. | 81v–84v | Hystoria de lancea domini, lateinisch |
8. | 85r–249v | Psalter, lateinisch, mit Kollekten, Cantica, Litaneien |
9. | 249v–250v | ›Mandatum in coena domini‹, lateinisch, unvollständig |
Pergament, 250 Blätter (Blattverlust nach 250), 270 × 190 mm; die Handschrift besteht aus drei Teilen, 1. 1r–8v sowie 9r–12v (letzteres eine selbständige Lage, die aber vermutlich ursprünglich zum Kalender und der Mariensequenz gehörte; dieser Teil könnte als Vorspann zu einem Brevier gedient haben, der später durch andere Texte ersetzt wurde; vgl. Krone und Schleier. Kunst aus Mittelalterlichen Frauenklöstern [Ausstellungskatalog Bonn / Essen]. München 2005, S. 224f., Nr. 82
lateinisch, die deutschsprachigen Teile mit bairischen Merkmalen (
Zehn Kalenderminiaturen; 2r Fische und 3r Stier ausgeschnitten; Federzeichnungen (Feder in verschieden Farben, die Figuren zart laviert, der Hintergrund teilweise deckend koloriert); ein Maler, der auch die ganzseitigen Miniaturen angefertigt hat (9r Gottvater mit Adam und Eva vor dem Baum der Erkenntnis, 9v Sündenfall, 10r Auferstehung, 11r Christi Himmelfahrt, 12r Christi Geburt).
Auf jeder Kalenderseite (1v–7r; eine Seite pro Monat) wird rechts neben den Heiligenfesten und etwas unterhalb der Mitte ein Medaillon mit den Tierkreiszeichen gezeigt. Entsprechend seinem Sternbild ist der Steinbock als Mischwesen dargestellt. Die Medaillons sind in unterschiedlicher Farbe gerahmt, die Tierkreiszeichen wurden vor zwei verschiedenfarbigen Kreisen im Inneren des Runds platziert, sodass man an Sphärenschemata erinnert ist. Dieser Eindruck wird auf 5v (September, Waage) verstärkt. Aus einer Wolke, die die höchste Himmelssphäre verbildlichen soll, erscheint die segnende Hand Gottvaters, die die Waage hält. Eventuell wird der Betrachter aufgefordert, seinen Geist nicht nur auf Gott als Schöpfer des Himmels und der Erde zu richten, sondern auch auf die menschliche (Kalender) und göttliche (Heilsplan) Zeit, die mit dem Wiegen der Seele beim Jüngsten Gericht endet. Dass die Hand oder die Figur Gottes die Waage hält, kommt sonst in deutschsprachigen Kalendern nicht vor und nur selten in lateinischen, beispielsweise im sog. Hunterian Psalter von ca. 1170 (Glasgow, University Library, MS Hunter U.3.2 [229], 5r).
Rot, Blau, Grün, Braun, Gelb.
Taf. XXVII: 5v. Kalenderseite September: Waage.