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38.7. Jörg Wilhalm, Fechtbuch

Bearbeitet von Rainer Leng

KdiH-Band 4/2

Der Augsburger Huter und kampffechter Jörg Wilhalm kompilierte 1522 ein Fechtbuch aus älteren Bildvorlagen, das in insgesamt fünf Handschriften in drei Redaktionsstufen überliefert ist. In der ältesten Form besteht es lediglich aus einem knapp kommentierten Bildkatalog, der in einem Konzept (Nr. 38.7.3.) und einer ausgearbeiteten Fassung (Nr. 38.7.2.) vorliegt. In zwei weiteren Handschriften wurden diesem Katalog weitere, teilweise illustrierte Texte vorgeschaltet, die sich als Bearbeitung Liechtenauerscher Fechtregeln durch Wilhalm präsentieren (Nr. 38.7.1. und Nr. 38.7.4.). In einer deutlich späteren und wohl nicht mehr unmittelbar auf Wilhalm zurückgehenden Überlieferung aus dem Jahr 1556 wurden die vorhandenen Stücke dann noch um zahlreiche weitere nicht illustrierte Texte von Martin Hundfeld, Meister Ott, Lew oder Lecküchner erweitert. Sämtliche Handschriften sind schwäbischer, gewiß unmittelbar Augsburger Provenienz. Bei den älteren Stücken kommt Wilhalm selbst als Schreiber, eventuell auch als einer der meist nicht übermäßig begabten Illustratoren in Frage.

Die Bildthemen bilden zwei Schwerpunkte. Am Anfang steht der Kampf zu Fuß im vollen Harnisch mit dem langen Schwert, einschließlich Ringen, Entwinden der Waffen, Wiederaufnahme des Kampfs, zuletzt das Halten, Töten oder Fesseln des Gegners. Dem schließen sich Kämpfe zu Pferd mit Lanzen und Schwertern an. Teilweise steht hier auch ein Gewappneter gegen einen Ungewappneten. Für den ersten Teil ist die Verwendung von Vorlagen aus Talhoffers Fechtbüchern unverkennbar (38.3.), die mit Material aus der ›Gladiatoria‹-Gruppe (38.1.) erweitert wurden. Für die Roßkämpfe stellte entweder wiederum Talhoffer die Vorlagen, oder der ebenfalls auf Talhoffer zurückgehende, Wilhalm vielleicht etwas näherstehende Paulus Kal (38.5.). Eine naheliegende unmittelbare Bildvorlage ist die textlose ehemals Donaueschinger Handschrift Cod. 862 (Nr. 38.2.3.), die ihrerseits ältere Vorlagen verarbeitet und für nahezu alle Abschnitte Wilhalms vergleichbare Illustrationen enthält.

Charakteristische Elemente in Wilhalms Fechtbuch sind vor allem zwei immer wiederkehrende Zeichnungen, die teils als Einleitungsbilder Verwendung fanden. Eine Illustration zeigt einen Gewappneten und einen Ungewappneten, die unter einem mit einer Stange hochgehaltenen mantelartigen Überwurf stehen. Den Beischriften nach soll das Bild die Szene die Einführung eines Kämpfers in den Kampfring zu einem gerichtlichen Zweikampf darstellen. Es handelt sich somit um eine recht freie Umarbeitung des bei Talhoffer völlig anders dargestellten Zeremoniells. Ähnlich Talhoffer und Kal finden sich auch einzelne Gebetsszenen. Die zweite charakteristische Abbildung ist dagegen Wilhalms eigene Schöpfung. Sie zeigt einen reichen, einen starken und einen schwachen Mann. Ohne Können werde es weder der Reiche noch ohne Mut der Starke zu etwas bringen. Mit kunst, mut und witz ausgestattet sei ihnen der Schwache überlegen. Dies verweist auf die Vorteile der dargelegten Fechtkunst.

Der in der ältesten Fassung noch rein auf nüchterne Fechttechnik beschränkte Bildkatalog wurde im Laufe der Arbeiten durch weitere Elemente angereichert. Insbesondere fallen karikaturhafte Elemente auf: Verballhornungen Talhofferscher Szenen, Fasnachtsdarstellungen oder ins lächerliche gezogene Personendarstellungen (besonders in Nr. 38.7.4., etwas reduziert in Nr. 38.7.5.).

Eine spätere direkte oder indirekte Benutzung der Illustrationen von Wilhalms Fechtbuch ist einzig in den voluminösen Kompilationen Paulus Hector Mairs zu erkennen (38.3.3. und Nr. 38.8.4.). Er hatte ab den 40er Jahren des 16. Jahrhunderts drei der Wilhalm-Handschriften in seinen Besitz gebracht (38.7.1–3.).

Editionen:

Bislang nicht ediert.

Literatur zu den Illustrationen:

Hans Peter Hils: Meister Johannes Liechtenauers Kunst des langen Schwertes. Frankfurt a. M. 1985 (Europäische Hochschulschriften, 3, 257), S. 192–195.