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53. Heldenbücher

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 6

Die Bezeichnung ›Heldenbuch‹ wird bereits in der Straßburger Erstausgabe von Johann Prüss für die von ihm präsentierte Zusammenstellung heldenepischer Stoffe verwendet, die er in der Vorrede als »der helden buͦch« anpreist. In der Literaturwissenschaft werden daneben auch Gattungssammlungen als ›Heldenbücher‹ bezeichnet, die heldenepische Stoffe wie ›Ortnit‹ oder ›Wolfdietrich‹ und aventiurehafte Epen zu Dietrich von Bern überliefern. Das früheste Beispiel einer solchen Sammlung aus der Zeit um 1300 bietet der ›Codex discissus‹ (Nr. 53.0.1.), der zuerst Stücke der aventiurehaften Dietrichsepik (hier: ›Virginal‹ und ›Eckenlied‹) und im Anschluss daran mit ›Ortnit‹ und ›Wolfdietrich‹ jene Epen enthält, in denen gleichsam als genealogische Erweiterung vorangegangene Ereignisse geschildert werden. Weitere Codices sind allerdings erst, dann aber in größerer Dichte, aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts nachgewiesen. Im ›Dresdner Heldenbuch‹, auch ›Heldenbuch des Kaspar von der Rhön‹ genannt (Nr. 53.0.2.), sind die einzelnen Stücke in chronologischer Folge angeordnet, da nun auf ›Ortnit‹ und ›Wolfdietrich‹ die Abenteuer Dietrichs von Bern (hier: ›Eckenlied‹, ›Rosengarten‹, ›Sigenot‹, ›Wunderer‹ und ›Virginal‹) folgen. Ein zweiter, vermutlich gleichfalls aus Nürnberg stammender Codex, ›Linhart Scheubels Heldenbuch‹ oder ›Wiener Piaristenhandschrift‹ genannt (Nr. 53.0.3.), verdeutlicht die Flexibilität der Sammlungskonzepte, denn der Grundbestand der Handschrift (›Ortnit‹, ›Wolfdietrich‹, ›Nibelungenlied‹ und ›Lorengel‹), wurde in einem zweiten Schritt um ein Stück der Dietrichsepik (›Virginal‹) sowie das Erzähl-Lied ›Antelan‹ erweitert, mit dem über den Kampf Parzivals gegen den Zwergenkönig Antelan der Bogen zum Erzählkomplex um König Artus geschlagen werden konnte.

In etwa zeitgleich entstand in Straßburg eine Gruppe von drei Heldenbüchern: das 1476 datierte ›Johanniter-Heldenbuch‹ (ehem. Straßburg, Stadtbibliothek, B81, 1870 verbrannt), das Heldenbuch des Diebold von Hanowe (ehem. Straßburg, Seminarbibliothek, o. S., 1870 verbrannt) sowie der Erstdruck des ›Heldenbuches‹, der zwar ohne Angabe von Drucker, Ort oder Jahr erschien, aufgrund von Typenmaterial, Papier und Holzschnitten jedoch dem Straßburger Drucker Johann Prüss zugeordnet und um 1479 datiert werden kann (Nr. 53.0.a.).

Mit der gedruckten Ausgabe verfestigte sich der Bestand der Textsammlung, die nun aus ›Ortnit‹, ›Wolfdietrich‹, ›Rosengarten‹, ›Laurin‹ sowie der ›Heldenbuchprosa‹, einer genealogischen Erläuterung zu den Heldengeschlechtern, bestand. Zugleich wurde der Sammlung erstmals auch ein durchgehender Illustrationszyklus, bestehend aus 230 Holzschnitten, beigegeben. Zwar sind Bildzyklen für einzelne heldenepische Stoffe bereits in einigen Codices aus der »Elsässischen Werkstatt von 1418« und aus der Produktion Diebold Laubers in Hagenau bekannt (vgl. z. B. ›Rosengarten‹, Heidelberg, Cod. Pal. germ. 359, Nr. 29.4A.2., und ›Virginal‹, Heidelberg, Cod. Pal. germ. 324, Nr. 29.6.2.). In den beiden vollständig erhaltenen Heldenbuch-Handschriften sind die Einzeltexte jedoch nur mit jeweils einem vorangestellten Bild ausgestattet (Nr. 53.0.2.; 53.0.3.), in dem gewöhnlich die Konfrontation des Protagonisten mit einem Gegner veranschaulicht wird. Vergleichbare Eingangsillustrationen finden sich auch in Codices, die nur ein einziges Heldenepos enthalten, wie etwa in den beiden ›Ortnit‹/›Wolfdietrich‹-Handschriften aus der »Elsässischen Werkstatt von 1418« (Heidelberg, Cod. Pal. germ. 365, 1v–2r [Nr. 98.0.1.]; Frankfurt, Ms. Carm. 2, 1r [Nr. 98.0.2.]).

Die umfangreiche Bildfolge der Straßburger Erstausgabe diente Johann Schönsperger für seinen Druck von 1491 (Nr. 53.0.b.) als unmittelbare Vorlage; dessen Druckstöcke wiederum wurden an vielen Stellen in der Ausgabe Heinrich Steiners von 1545 wiederverwendet (Nr. 53.0.d.), während sie für Heinrich Grans Ausgabe von 1509 (Nr. 53.0.c.) nachgeschnitten worden waren.

Für die beiden Druckausgaben der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, die der Frankfurter Verleger Sigmund Feyerabend 1560 und 1590 herausbrachte, kamen hingegen durchwegs Druckstöcke aus bereits vorhandenen Beständen zum Einsatz (vgl. Nr. 29.3.i. und 29.4A.c., Nr. 29.3.k. und 29.4A.f. sowie Stoffgruppe 98. ›Ortnit‹/›Wolfdietrich‹): In der Ausgabe von 1560 (VD16 H 1568) wurde hauptsächlich auf Holzschnitte Hans Brosamers für die Volksbuchausgaben Hermann Gülfferichs zurückgegriffen (im einzelnen Gotzkowsky [1999] S. 202f.). Für die 1590 erschienene Ausgabe (VD16 H 1569) kamen Druckstöcke von Jost Amann und Virgil Solis zum Einsatz (vgl. die Nachweise in: Virgil Solis, Book Illustrations, part IV, zus.gestellt von Dieter Beaujean, hrsg. von Giulia Bartrum. Ouderkerk aan den Ijssel 2006 [Hollstein’s German Engravings, etchings and woodcuts 1400–1700. Bd. LXIX], Kat.-Nr. 82, S. 185–188, und Jost Amman Book Illustrations, part X, zus.gestellt von Gero Seelig, hrsg. von Giulia Bartrum und Marjolein Leesberg. Rotterdam 2003 [The New Hollstein’s German Engravings, etchings and woodcuts 1400–1700], Kat.-Nr. 259, S. 40–45, Abb. 259.1–259.77, S 46–50). Allein die Titelillustrationen nach dem Vorbild der Hagenauer Ausgabe Heinrich Grans (Nr. 53.0.c.) wurden speziell für diese Edition des Heldenbuchs geschaffen.

In jeder Hinsicht eine Ausnahme unter den bisher genannten Exemplaren stellt das ›Ambraser Heldenbuch‹ dar (Nr. 53.0.4.). Die im Auftrag Kaiser Maximilians I. angefertigte Pergament-Handschrift im Großfolio-Format, das die Bezeichnung Heldenpuch im Inhaltsverzeichnis führt (I*r), enthält neben heldenepischen Texten auch höfische Romane wie Hartmanns von Aue ›Iwein‹ und ›Erec‹ sowie eine Reihe von Mären. Während literaturhistorischen Fragen, etwa nach der Zusammenstellung der Texte und ihren Vorlagen, zahlreiche Untersuchungen gewidmet sind (zuletzt z. B.: Waltraud Fritsch-Rößler [Hrsg.]: cristallîn wort. Hartmann-Studien 1. Rahmenthema: Das Ambraser Heldenbuch. Wien u. a. 2008; Martin J. Schubert: Offene Fragen zum ›Ambraser Heldenbuch‹. In: Exemplar. Festschrift für Kurt Otto Seidel. Hrsg. von Rüdiger Brandt und Dieter Lau. Frankfurt a. M. 2008 [Lateres. Texte und Studien zu Antike, Mittelalter und früher Neuzeit 5], S. 99–120), hat seine ungewöhnliche Ausstattung wenig Aufmerksamkeit erfahren, so dass die im mittleren Teil als Randdekoration eingefügten Pflanzenstudien bislang nahezu unbeachtet blieben. Die Begleitung ausgewählter Lektüre-Stücke durch eine Serie ausgesuchter Blumen deutet darauf hin, dass der Codex zugleich als literarische und künstlerische »Blütenlese«, gleichsam als Florilegium in doppelter Hinsicht, konzipiert war.

Editionen:

(Korpuseditionen):

Der Helden Buch in der Ursprache hrsg. von Friedrich von der Hagen und Anton Primisser (deutsche Gedichte des Mittelalters 2). – Das Deutsche Heldenbuch. Nach dem mutmaßlich ältesten Drucke neu hrsg. von Adelbert Keller. Stuttgart 1867 (Bibliothek des Litterarischen Vereins 87). – Walter Kofler: Das Dresdner Heldenbuch und die Bruchstücke des Berlin-Wolfenbütteler Heldenbuchs. Edition und Digitalfaksimile. Stuttgart 2006.

Literatur zu den Illustrationen:

Siehe zu den Einzelkatalogisaten.

Siehe auch:
  • 5. ›Antelan‹,
  • 29. Dietrich von Bern
  • 57. ›Herzog Ernst‹
  • 86. Maximilianea
  • 96. ›Nibelungenlied‹
  • 98. ›Ortnit‹/›Wolfdietrich‹