KdiH

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90a.1.1. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 1823

Bearbeitet von Caroline Horch und Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 9

Datierung:

Um 1448–1461.

Besitzgeschichte:

Die Handschrift wird seit 1803 in der Münchner Hofbibliothek aufbewahrt.

Inhalt:
1. 1ra–rb Abtliste von Raitenhaslach, lateinisch
1146 bis zu Abt Leonhard Schellenstein († 1445)
2. 2ra–rb ›Die Säulen des Römischen Reiches‹
3. 3r–15r Begräbnisbuch von Raitenhaslach
Verzeichnis der in Raitenhaslach bestatteten Personen, hauptsächlich des 12. bis 14. Jahrhunderts, mit Nachträgen aus dem 15. Jahrhundert
4. 16r–18v Illustrierte Gründungsgeschichte von Raitenhaslach
5. 19r–20r Totengedächtnis und -liturgie für die Angehörigen der Raitenhaslacher Bruderschaft
6. 20v–22r Privileg und Schenkungen für Raitenhaslach, lateinisch
7. 23r–32r ›Vita Chunradi archiepiscopi Salisburgensis‹
unvollständig
8. 32va–34ra Catalogus praesulum Juvavensium
Salzburger Bischofsliste
9. 35r–36r Gründung von Raitenhaslach, lateinisch
10. 36r–38v Liste der Raitenhaslacher Bruderschaftsmitglieder
unter Bezugnahme auf 3.; falls sich ein verstorbenes Bruderschaftsmitglied nicht in dieser Liste findet, so such man in in dem grebnuspuch
11. 39v Mit Raitenhaslach durch Gebetsverbrüderung verbundene Klöster
12. 39v Drei Hexameter, lateinisch
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 42 Blätter (neuere Blattzählung 1–39, ersetzt auf 3r–15v ältere Paginierung 1–26, überspringt drei leere Blätter nach Bl. 15), 295 × 220 mm, Bastarda, fünf Schreiber und Nachträge mehrerer Schreiber, einspaltig und zweispaltig (1r–2r, 32v–34r, 36r–38v), 32–37 Zeilen (23r–35r), sonst unregelmäßig, teilweise rote Überschriften und Unterstreichungen.

Schreibsprache:

südbairisch (Schneider [1991] S. 306).

II. Bildausstattung:

Sechs Seiten mit kolorierten Federzeichnungen (16r–18v), ein Illustrator.

Format und Anordnung:

Ungerahmte Federzeichnungen, auf 16r, 16v, 17r zweigeteilt. Alle Illustrationen sind mit deutschen Beischriften versehen (16v lateinisches Spruchband).

Bildaufbau und -ausführung:

Die Handlungsräume der Personen bzw. die beiden Kirchengebäude (Schützing und Raitenhaslach) sind nur angedeutet. Die umgebende Landschaft wird durch Bäume mit geschwungenen Stämmen und kugelartigem Blattwerk gestaltet, der Untergrund besteht aus flächig und luzide aufgetragenem Braun, mitunter durchsetzt mit durch gebündelte Striche dargestellten Grasbüscheln. Perspektivische Andeutungen ergeben sich durch die Fluchtlinien der entweder fertig erstellten oder im Bau befindlichen Kirchen. Eine Ausnahme bildet die Wiedergabe des Kircheninnenraums auf 17v. Durch die schräge Positionierung des Altars, die durch dünne Linien nur angedeuteten Mauern und das trapezförmige Dach der Kirche wird in geringem Maße Raumtiefe erzeugt. Der Altar und die rechte Kirchenmauer erwecken zunächst den Eindruck, man blicke von rechts in einen sich nach hinten links öffnenden Raum. Dem widerspricht die linke Mauer, die eine entgegengesetzte Perspektive andeutet. Die gesamte Darstellung wirkt dergestalt wie ein aufgeklapptes Schaubild.

Die Kleidung der Adeligen wird differenziert wiedergegeben: Diejenige der beiden Grafen Wolfger und von Wald ist pelzverbrämt oder stark gemustert und hoch gegürtet, wie es der Mode des 15. Jahrhunderts entsprach (nicht derjenigen zur Zeit der Gründung). Der Erzbischof, bekleidet mit Albe, Dalmatik und Pluviale (16r) bzw. Kasel und dem erzbischöflichen Pallium (17r, 17v) trägt die Insignien Stab (16r ohne, 17r mit Sudarium), Ring und Mitra; auf Bl. 17v ist auch das Manipel zu erkennen. Gegenüber den in Graublau oder Braun gehaltenen Kutten der Mönche und der schlichten Gewandung der Handwerker heben sich die farbenfrohen Gewänder der Adeligen und des Erzbischofs ab (ohne Farbakzente der verstorbene Ritter auf 18v). Die obere Szene auf 16r (Kalkbrenner und Steinmetz bei ihrer Arbeit) ist in eine bergige Landschaft gelegt, die durch geschwungene Linien beschrieben wird. Die Personen zeigen starre Gesichter durch weit geöffnete Augen, geschlossene Lippen und stark geschwungene Augenbrauen. Die bei ihrer Tätigkeit vorgeführten Handwerker sind deutlich kleiner dargestellt als die an der Kirchenstiftung beteiligten Personen.

Bildthemen:

Die Illustrationen dokumentieren Gründung und Geschichte des Klosters Raitenhaslach sowie wichtige inhaltliche Aspekte des geistlichen Lebens: Graf Wolfger und seine Gemahlin Hemma übergeben die Kirche mit Mühle in Schützing (16r oben) an Erzbischof Konrad von Salzburg, hinter dem der Graf von Wald steht, der seine Rechte auf die Schulter des Erzbischofs gelegt hat und mit der Linken vor der Brust die Geste des Schwörens und Versprechens macht (16r unten); Vorbereitungen zum Bau der Kirche St. Georg und St. Pankratius (16v oben), die fertiggestellte Kirche (16v unten); Ausstattung des Klosters, baulich (17r oben) und personell (17r unten); feierliche Schenkung durch Übergabe der Urkunde am Altar (17v); Menschen statten das Kloster aus, durch Geldspenden oder Übergabe von Oblaten (18r); von den Mönchen des Klosters geleisteter Totendienst für Mönche und Weltliche (18v).

Die Bildfolge beginnt mit der Stiftung der Zisterne Schützing durch Graf Wolfger und seine Frau Hemma, die, den Gepflogenheiten der Zisterzienser entsprechend, an einem fließenden Gewässer gelegen ist. Die Verlegung nach Raitenhaslach wird auch ohne die Beischrift deutlich gemacht durch die unterschiedliche Architektur der beiden Kirchen (16r oben und 16v unten). Außer dem Hinweis auf ein Gewässer lässt auch die schlichte Kleidung des Gründungskonvents (17v) den Schluss zu, dass es in der Intention von Stifter und Erzbischof lag, die »grauen Mönche« für die Stiftung zu gewinnen. Die maßgebliche Beteiligung des Salzburger Bischofs Konrad am Gründungsakt und ebenso an der Verlegung nach Raitenhaslach ist erkennbar an seiner prominenten Stellung auf allen Bildern, die die Gründung und Einrichtung des Klosters zum Thema haben (16r–17v, vgl. Weinfurter [1975] S. 139f.). In der Folge wird die Bedeutung des Klosters für die Bevölkerung illustriert (18r, 18v). Die Bilder dokumentieren und legitimieren die Gründung eines Klosters, das auch denjenigen, die bruderschaftlich mit ihm verbunden waren, das Totengedächtnis zusagte. 18v zeigt, dass Kerzen und Lichter für die verstorbenen Mönche und Adeligen gleichermaßen aufgestellt wurden, und illustriert damit die bindende Zusage der memoria an diejenigen, deren Namen gesondert aufgezeichnet wurden (36r–38v). Die konkrete Gestaltung des Totengedächtnisses für die Mitglieder der Bruderschaft wird im anschließenden Text beschrieben (nicht illustriert).

Farben:

Braun, Hellbraun, Dunkelbraun, Ocker, Gelb, Rot, Rostrot, Blau, Hellblau, Graublau, Schwarz, Grau.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 127: 17r. Kirchenbau von Raitenhaslach. Der Bischof von Salzburg weiht den ersten Abt Gero.

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Abb. 127.