KdiH

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82.0.1. Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. Berol. germ. quart. 1579

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 8

Datierung:

Um 1510 bis 1520.

Lokalisierung:

Nürnberg oder Regensburg (?).

Besitzgeschichte:

Privatbesitz Theodor Oswald Weigel, Leipzig, 1914 über das Antiquariat Jacques Rosenthal, München, von der Königlichen Bibliothek zu Berlin erworben, während des Zweiten Weltkrieges ausgelagert, seit 1945/1946 in der Krakauer Bibliothek.

Inhalt:
1r–53r ›Magelone‹
erste frühneuhochdeutsche Übersetzung
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, II + 55 + I Blätter, 210 × 160 mm, Bastarda bzw. Buchkursive mit Schwabacher Duktus (Degering [1922] S. 126), eine Hand, einspaltig, 26–29 Zeilen, rote Überschriften und zweizeilige Initialen an den Abschnittsanfängen, kaum Rubrizierung.

Schreibsprache:

oberdeutsch (Lossnitzer [1915] S. 73), nürnbergisch (Degering [1922] S. 129f.).

II. Bildausstattung:

24 Federzeichnungen, davon das Titelbild auf beschädigtem Vorsatzblatt (IIr) eingeklebt, weitere 23 Federzeichnungen im Text. Eine Hand (Albrecht Altdorfer).

Format und Anordnung:

Für die Illustrationen quadratische Bildfelder im Textspiegel ausgespart, zwölf bis 13 Zeilen Höhe, überwiegend 72 × 72 mm, mit nur geringen Abweichungen. Der schmale Doppelrahmen mit derselben Tinte wie die Markierung des Schriftspiegels ausgeführt. Bildnummer im Titulus angegeben. Nicht jeder von einem Titulus eingeleitete Abschnitt wurde mit einem Bild versehen. Die Auswahl der illustrierten Abschnitte stimmt weitgehend mit der Platzierung der Holzschnitte in der Lyoner Druckausgabe von 1489 überein (GW 12709). Da Gleiches auch auf die Einteilung der Erzählabschnitte sowie die Inhaltsangaben der Tituli zutrifft, liegt es nahe, diese oder eine sehr ähnliche Ausgabe als Vorlage für die Übersetzung anzunehmen.

Bildaufbau und -ausführung:

Sehr skizzenhafte, aber entschiedene Ausführung der Zeichnungen mit feiner Feder in schwarzer Tinte. Die schrittweise Konstruktion der Zeichnung bleibt vereinzelt an den übereinandergelegten Strichlagen nachvollziehbar, wenn etwa, wie 26r erkennbar, zunächst der Raum konstruiert wurde, bevor der Zeichner die Figur – in diesem Fall die Amme Magelones – ins Bild einfügte. Details der Figuren, ihrer Gesichter und Gewänder, ebenso wie die Handlungsräume werden nur mit lockeren Konturen umrissen. Wenige markante Schraffuren bezeichnen verschattete Partien, eine sparsame Binnenzeichnung aus energischen Haken und Parallelschraffen markiert die Ausgestaltung der Physiognomien und Kleider. Aufgrund ihrer Zeichnungsweise, der mehrfachen Führung der Konturlinien sowie der Kreuzschraffuren, erscheinen die Illustrationen als unmittelbar umsetzbare Vorlagen für Holzschnitte ungeeignet. Vielmehr beanspruchen die Zeichnungen durch ihre außergewöhnliche Qualität Kunstwerkcharakter und demonstrieren, dass die Zeichnung, das disegno, im Sinne eines Form gewordenen Entwurfs, den eigentlichen Kern künstlerischen Schaffens beinhaltet.

Bereits die ersten Beschreibungen des Manuskriptes vermerken diese Besonderheit der zeichnerischen Ausführung, die – zuweilen als »Flüchtigkeit« bezeichnet (Naumann [1847] S. 265) – mehrere Zuschreibungen an namhafte Künstler des ersten Drittels des 16. Jahrhunderts nach sich zog. Neben der Einordnung als Werk Hans Burgkmairs (Ficker [1898] S. 77) erfolgten mehrere Zuordnungen an Künstler der sogenannten Donauschule, nicht zuletzt aufgrund der Situierung einiger Szenen in weiträumige Landschaften (28r, 31r, 37v). Während Lossnitzer (1915, S. 74) eine besondere Verwandtschaft zu Arbeiten des Monogrammisten EL mit dem Meißel sah, verblieb Degering (1922, S. 151f.) bei einem allgemeineren Verweis auf die Nähe zu Albrecht Altdorfer und Adolf Huber. Baumeister (1938/39, S. 204) brachte die Zeichnungen schließlich ohne nähere Begründung mit Augustin Hirschvogel in Verbindung.

Die umfangreichen Forschungen der letzten Jahrzehnte zu Zeichnungen des frühen 16. Jahrhunderts erlauben auf der Grundlage stilistischer Vergleiche eine Zuweisung an Albrecht Altdorfer, der seit 1505 in Regensburg ansässig war. Eine besondere Nähe zu seinem individuellen Zeichenstil kann bei den in Erlangen, Graphische Sammlung, verwahrten Entwurfszeichnungen beobachtet werden (Domanski [2020]).

Bildthemen:

Bildthemenlisten bzw. Tituli bei Ficker (1898) und Lossnitzer (1915). Das Titelbild auf dem beschädigten Vorsatzblatt zeigt Magelone und Peter als galantes Paar, wobei die Königstochter ihm einen Pokal reicht (jetzt mit IIr bezeichnet, diese Foliierung bei Lossnitzer [1915], nicht bei Ficker [1898]). Die Folge der 23 Federzeichnungen zum Text beginnt mit der Bitte Peters an seine Eltern um Erlaubnis zur Ausfahrt (3v). Sie zeigt danach seinen Auftritt beim Turnier (4v, 6r), die Liebesanbahnung (9v, 12v), bis zum ersten heimlichen Treffen des Paares in einem Garten (16r). Die Bilder nach der gemeinsamen Flucht des Paares (ab 25r) zeigen in dichter Folge das Lager im Wald, bei dem Magelone in Peters Schoß schläft (27r), den Schmuckraub (28r), das einsame Erwachen Magelones (31v) sowie schließlich eine Szene, in der sie von einem Baum, auf dem sie nachts vor Wildtieren Schutz gesucht hat, herabklettert (34r), bevor sie sich als Pilgerin nach Rom (35r) und weiter nach Montpellier in die Provence begibt (37v). Peters Eltern suchen das Spital, in dem Magelone tätig ist, zum Gebet auf (44r), Peter verschläft erst die Abfahrt seines Schiffes (44v), gelangt aber schließlich doch in das Spital (46v). Dort, in der Kammer Magelones (51r), finden ihn seine Eltern wieder, mit deren Begräbnis (52v) die Illustrationsfolge endet. Nur wenige Abschnitte blieben ohne Bildbeigabe, wie etwa die Wiederauffindung der Schmuckstücke oder Peters Aufenthalt am Hof des Sultans.

An einigen Stellen interpretieren die Illustrationen den Titulus in überraschender, wenn nicht gar unpassender Weise. Zum Titulus, dass Peter über die Schönheit und Freundlichkeit Magelones nachsinne, zeigt die Federzeichnung beispielsweise den Einzug einiger Ritter durch ein Stadt- oder Burgtor, obgleich eine Darstellung der Liebeskrankheit, wie sie die französische Druckausgabe an dieser Stelle (GW 12709, b1r bzw. 9r) vorstellt, passender gewesen wäre. So zeigt 34r, wie Magelone am Stamm ihres Zufluchtsbaumes hinunterklettert, und präsentiert dabei die Protagonistin, die den Stamm fest umklammert, in einer für eine Königstochter kaum standesgemäßen Situation. Der Titulus hätte an dieser Stelle als Alternative angeboten, sie bei den Pferden zu zeigen, die noch in der Nähe angebunden waren – und im Bildhintergrund auch zu erkennen sind. Ein ähnliches Bestreben, ein ungewöhnliches oder zweideutiges Moment im Bild zu präsentieren, ist auch bei der vorletzten Illustration zu beobachten. Zum Titulus, dass Peters Eltern ihren Sohn an einem vorbestimmten Tag in Magelones Kammer finden (51r), zeigt das Bild den in einem stattlichen Bett schlummernden Peter. Anstelle eines erwartungsvollen oder reumütigen Heimkehrers erscheint Peter innerhalb der Bildfolge somit ein zweites Mal als Schläfer, dem auf diese Weise ein entscheidender Augenblick entgeht, so dass hier eine moralische Interpretation seiner Figur ansetzen könnte.

Die Federzeichnungen unterscheiden sich in der Inszenierung der illustrierten Erzählmomente deutlich von den Holzschnitten der französischen Druckausgabe, die als Vorlage der Übersetzung gedient haben dürfte.

Faksimile:

Degering (1922) S. 8–113.

Literatur:

Ficker (1898) Kat.-Nr. 71, S. 76f.; Degering (1922) S. 123–152; Degering 2 (1926) S. 291. – Naumann (1847) S. 265, Nr. 11; Lossnitzer (1915) S. 73–76, Taf. XII, Abb. 1–3 (27r, 31r, 44v); Baumeister (1938/39) S. 203–211, Abb. 7 (34r); Domanski (2020) Abb. 1, 2, 4, 5 (IIr, 12v, 25v, 31v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 188: 34r. Magelone klettert vom Baum herab.

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Abb. 188.