KdiH

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80.5.2. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 7

Bearbeitet von Franziska Stephan

KdiH-Band 8

Datierung:

Um 1430 (Wegener [1927] S. 34).

Lokalisierung:

Oberbayern (Ficker [1907] S. 24).

Besitzgeschichte:

Nach Ficker wurde die Handschrift im 14. Jahrhundert in einem oberbayerischen Kloster geschrieben. Der Eintrag ›Ein Glück Buech‹ und die Capsa-Nummer C. 155 auf dem ersten ungezählten Pergamentblatt (3a*r) sind Einträge aus dem späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert. Nach Wegener kommt entsprechend seiner Datierung der Handschrift Kurfürst Ludwig III. von der Pfalz (1378–1436) als Erwerber in Frage (Wegener [1927] S. VIf.). Der Besitzeintrag JESUS MARJA. Fridericus Dei gratia Comes Palatinus Utriusque Bauariae Dux (22v) in Kanzleischrift des 17. Jahrhunderts weist auf den Pfalzgrafen Friedrich IV. (reg. 1583–1610) oder Friedrich V. (reg. 1610–1621) als Besitzer hin (Ficker [1907] S. 10). Die Handschrift ist 1589 im Katalog der Privatbibliothek von Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz verzeichnet (Vatikan, Cod. Pal. lat. 1917, 64v; Metzger/Zimmermann [2001] S. 28). 1610 ist die Handschrift im Inventar der jüngeren Schlossbibliothek erfasst (Zimmermann [2003] S. 14). 1623 wurde sie mit dem damaligen Bestand der Heidelberger Bibliothek nach Rom überführt (3a*r und 23v alte römische Signatur n° 1662) und verblieb dort bis zur Rückgabe der Schenkung im Jahr 1816.

Inhalt:
1r–22r Losbuch mit 32 Fragen, fragmentarisch, ›Ein Glück Buech‹
1r Liste mit 32 Fragen und daneben 32 Namen von biblischen Propheten mit Nummerierung von I bis XXXII (nicht zeilenweise einander zugeordnet, welcher Name gewählt wird, unterliegt dem Zufall); 2r Prolog durch vier antike Philosophen; 2v–4v 32 Propheten von 1r mit Verweisen (z. T. mit abweichender Nummerierung); 5v–6r Tabelle mit den sieben Planeten und 32 Himmelsrichtungen; 6v–22r 32 Losrichter in Gestalt von Tieren und Tierkreiszeichen, in der Kopfleiste betitelt, jeweils mit 32 Lossprüchen in Reimpaaren
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, III + 24 + III Blätter (Foliierung des 17. Jahrhunderts; 1*–3*, 3a*, 23*–26* mit moderner Zählung), 334 × 250 mm, Textura, ein Schreiber, einspaltig (1r dreispaltig, 6r vierspaltig), 32 Zeilen (6v–22r mit Zeilenzählung v, x, xx, xxv), zweizeilige Lombarden in Rot, zusätzlich in den ersten Zeilen eine Cadellen-Initiale (1r und 6r jeweils eine in jeder der drei Spalten), diese z. T. fleuronniert und mit Profilfratzen besetzt (12r, 13r–v), Rubrizierung, Strichelung.

Das Schmutzblatt (4ar) zeigt noch den Abdruck des einst vorhandenen Losrads (vergleichbar mit Nr. 80.5.1. und Nr. 80.5.3.).

Schreibsprache:

oberbairisch.

II. Bildausstattung:

69 kolorierte Federzeichnungen in variationsreichen und kräftigen Deckfarben. Zwei Zeichner (Sotzmann [1851] S. 312, Ficker [1907] S. 23, dagegen Wegener [1927] S. 34: ein Zeichner).

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

2r–4v Philosophen und Propheten: Ganzseitige Darstellungen mit insgesamt 36 Figuren, diese sind in Zweier-, Dreier- und Vierergruppen in zwei Reihen gegliedert und auf einzelne, übereinandergestellte Bildfelder verteilt, stehen auf einfachen Bodenstücken in Grün bzw. Grünbraun (z. T. mit Vegetation) vor einem flächig gestalteten Hintergrund mit zarten Arabesken in Rot. Die Bildfelder sind durch einen einfachen Federstrich gerahmt. Jede Figur ist ca. 120–130 mm groß, über der Darstellung namentlich bezeichnet und nummeriert sowie mit einem Spruchband versehen (2r Plato mit zwei Spruchbändern, davon eines unbeschriftet), die meisten haben einen Zeigefinger weisend erhoben. In Positur, Mimik und Gestik nehmen die Figuren innerhalb einer Gruppe aufeinander Bezug. Die Köpfe zeichnen sich durch ausgeprägte, individuell wirkende Gesichtszüge und eine dunkle Gesichtsfarbe aus. Es handelt sich um vier antike Philosophen sowie 32 Propheten und Könige, die entsprechend ihrer Profession laut Mittler/Werner in eine antikisch wirkende Phantasietracht aus zwar einfachen, aber bauschigen bodenlangen Gewändern, in eckigen Falten drapierten Manteltüchern und variierenden Kopfbedeckungen gekleidet sind, die der Mode der Zeit entsprechen (Mittler/Werner [1986] S. 80). Reihe: 2r oben: Katho, Aristotilis; 2r unten: Plato, Virgilius; 2v oben: David iDaniel iiZacharias iii; 2v unten: Amos iiiiYsaias vJonas vi; 3r oben: Abakuk vii, Malachias viii, Balaam ix; 3r unten: Jeremias x, Sophonias xi, Nacharel xii; 3v oben: Zachoris xiii, Gedeon xiiiiNabuchodonosor xv; 3v unten: Ismahelid xvi, Putiphar xvii, Welle xviii; 4r oben: Theodossyus xix, Morel xx, Olibrius xxi; 4r unten: Moyses xxiiYsaac xxiiiAbraham xxiiii; 4v oben: Ysrahel xxv, Fundlein xxvi (nach Ficker [1907] S. 13: wohl falsch durch den Schreiber abgeschrieben, es ist vermutlich der jüdische Name Rubein gemeint), Samuel xxviii, Morsit xxviii; 4v unten: Chorel xxviiii, Sawlin xxxYoseph xxxi, Kathon xxxii.

5v–6r Doppelseite mit den sieben Planeten und 32 Himmelsrichtungen als systematische Einheit innerhalb des Losmechanismus: auf der verso-Seite links ein hochrechteckiges dunkelblaues Feld. Darin in stilisierter Form die Darstellung der sieben Planeten in Gold und Silber, rechts daneben die Planetennamen auf einem vorgezeichneten Liniensystem in großen Lettern untereinander aufgelistet, am Ende von jedem Namen befinden sich drei Punkte. Von einem dieser Punkte zieht sich eine rote horizontale Linie (verziert mit kurzen vertikalen Strichen) über den Blattrand auf die recto-Seite und verbindet jeweils einen Planeten mit einer Gruppe aus vier bis sechs Himmelsrichtungen. In den anderen beiden Textzeugen (Nr. 80.5.1. und Nr. 80.5.3.) ist dieses die Doppelseite gliedernde und verbindende Liniensystem nicht ausgeführt.

6v–22r Losrichter: 32 Darstellungen von verschiedenen Vögeln, heimischen und exotischen Tieren sowie von den Tierkreiszeichen mittig im Kopfsteg über dem Schriftspiegel. Die Tiere stehen meist auf einem grünen bzw. grüngelben Bodenstück mit zarter Vegetation, das z. T. auch mit Bäumen (9v, 12v, 13v, 14v) oder kantigen Felsen mit Waldbekrönung (21r) versehen ist. Die Vögel sitzen mit wenigen Ausnahmen auf stilisiertem Rankenwerk mit fein ausschwingenden hellgrünen Halmen und zarten rosafarbenen Knospen (7r–v, 8v, 14r, 15r, 16r–v, 18r–v, 20v, 21v).

Schraffierte Federzeichnungen mit Deckfarben in kräftigem Kolorit, die Konturen in Schwarz mit der Feder nachgezogen. Schöne Modellierung der Propheten-Figuren sowie auch der Tiere durch Parallel- und Netzschraffur in den Schattenpartien, Lichthöhungen in Weiß sowie einem dunkleren Farbton in den Schattenpartien. Die Tierdarstellungen sind schwach stilisiert, meist sind Fell und Gefieder durch einen Farbverlauf sowie Gefieder- oder Fellzeichnung detailliert wiedergegeben. Die Auswahl und Abfolge der Losrichter entspricht den beiden anderen Textzeugen des Losbuchs (vgl. die Liste bei Nr. 80.5.1.). Jedoch variiert die Heidelberger Handschrift (wie auch bei der Reihe der Propheten) stärker in der Stilistik und Motivik. Abweichungen und Besonderheiten: 6v Waage: gehalten von einem linken Unterarm, bekleidet mit einem pelzbesetzten Gewand in Rot; 8r Esel: mit Zügeln im Maul, der Sack ist zusätzlich mit zwei unter dem Bauch durchführenden Seilen als Sattel fixiert; 10r Bär: im Maul einen kleinen Bienenstock; 21r Hase: von den anderen Darstellungen abweichende Landschaftsschilderung mit nach rechts ansteigendem, zerklüftetem grauen Felsen auf dessen Spitze ein kleines Laubwäldchen platziert ist, daran emporspringend ein brauner Hase mit langen aufgestellten Ohren.

Farben:

breite Palette mit meist weiß abgetönten Farben in variationsreicher Kombination: Zinnober, Rosé, Blau, Graublau, Olivgrün, Moosgrün, Gelb, Orange, Ocker, Umbra, Hellgrau, Dunkelgrau, Weiß, Schwarz.

Literatur:

Bartsch (1887) S. 6 (Nr. 5); Wegener (1927) S. 33f.; Metzger/Zimmermann (2001) S. 28; Zimmermann (2003) S. 14. – Sotzmann (1851) S. 311f.; Bolte (1903) S. 314f. (D); Ficker (1907) S. 9–11; Vian (1910) S. 1; Bolte (1925) S. 201; Zatočil (1968); Zatočil (1971); Mittler/Werner (1986) S. 80f. (Nr. 12); Palmer/Speckenbach (1990) S. 174–176 (D II 3); Jurchen (2014) S. 241f. (C.b.3a); Heiles (2018) Nr. 7.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 149: 2v. Propheten.

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Abb. 149.