KdiH

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70.2.1. Anholt, Fürstlich Salm-Salm’sche Bibliothek, Ms. 46

Bearbeitet von Bernhard Schnell

KdiH-Band 7

Datierung:

3. Viertel 15. Jahrhundert.

Lokalisierung:

Südrheinfränkischer Raum.

Besitzgeschichte:

Der Besitzvermerk auf dem Spiegel des Vorderdeckels: Diß buch gehoert tzu dem heeren tzu Anholt vnde maylandt etc. stammt aus dem 16. Jahrhundert und macht wahrscheinlich, dass die Handschrift erst zu dieser Zeit an den Niederrhein gelangte. Vermutlich erwarb Dietrich III. von Bronckhorst-Batenburg (1504–1586), der sich nachweislich mit phytotherapeutischen Heilverfahren beschäftigte, den Codex. Ob er ihn von einem anonymen jüdischen Vorbesitzer erworben hat, der die jiddischen Umschriften veranlasste, oder ob er sie selbst vornahm, ist ungewiss.

Inhalt:
1v–182v Johannes Hartlieb, ›Kräuterbuch‹
Nachträge: Auf den ursprünglich unbeschriebenen Blattteilen von 2r–8r, 10r–14r und innerhalb von 63r–91r bzw. 128r–182r Übertragung von 40 Kapiteln ins Jiddische; weitere ca. 40 Pflanzenbilder sind in hebräischer Schrift bezeichnet; 214r medizinisches Rezept, lateinisch; 283r magisches Zahlen-Quadrat; 283v Pestrezept, lateinisch
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 283 nicht gezählte Blätter, ca. 280 × 200 mm, Bastarda von einer Hand, Nachträge in hebräischer Schrift um 1500 (Miriam Gutschow: Zur Edition der hebräisch-schriftlichen Texte. In: Anholter-Moyländer Kräuterbuch, Begleitband [2004] S. 41–43, hier S. 42), 1r und 213v Federproben, einspaltig, 5–32 Zeilen, Lombarden abwechselnd in Rot und Blau über drei bis vier Zeilen. Die alphabetische, nach den lateinischen Pflanzennamen geordnete Abfolge der Kapitel ist im Bereich von Bl. 17–80 gestört und nicht allein durch die falsche Bindung der Lagen 2–5 (Bl. 17–32, 33–48, 49–64, 65–80) zu erklären, da die zusammengehörigen Textblöcke nicht mit den Lageneinheiten übereinstimmen. Es ist daher anzunehmen, dass die Handschrift entweder nach einer Vorlage kopiert wurde, deren Kapitelfolge bereits gestört war, oder dass die Blätter vor der Bindung in Unordnung geraten waren. Dem Buchbinder ist in diesem Fall kein Vorwurf zu machen, denn dieser hielt sich an die – falsche – Lagenzählung 1 [1r]–12 [177r], die jeweils auf der ersten Lagenseite angebracht wurde. Die korrekte Abfolge der Blätter wäre: Bl. 1–16 (Lage 1: Kap. 1–15), Bl. 49–64 (Lage 4: Kap. 15–31), Bl. 17–31 (Lage 2a: Kap. 31–46), Bl. 68–80 (Lage 5b: Kap. 46–58), Bl. 42–48 (Lage 3b: Kap. 58–65), Bl. 65–67 (Lage 5a: Kap. 65–68), Bl. 32–41 (Lage 2b und 3a: Kap. 68–78).

Schreibsprache:

südrheinfränkisch.

II. Bildausstattung:

169 ganzseitige und vier durch Textüberhang des jeweils voraufgehenden Kapitels halbseitige (45v Eleborus, 46v Electerium, 137v Peonia, 143v Ruta) gerahmte Abbildungen der Drogen in lavierten Federzeichnungen.

Format und Anordnung:

Wie bereits oben angeführt, sind alle Textzeugen sehr ähnlich konzipiert und ausgeführt: ganzseitige Bilder auf den Versoseiten, die dem Text stets vorangehen. Sowohl die Tiere als auch die Pflanzen erscheinen in schlichten rechteckigen Bilderrahmen.

Bildaufbau und -ausführung:

In Aufbau und Ausführung unterscheidet sich die Handschrift aus Anholt aber grundlegend von ihren Geschwisterhandschriften. Zum einen weist jedes Bild vier farblich voneinander getrennte Ebenen auf. Den untersten Teil des Bodens bildet eine ockergelbe Fläche, die in eine bräunliche Zone übergeht. Die Tiere sind in diesem Raum lokalisiert bzw. die Pflanzen wachsen aus diesem Bodenstück. Die Droge (Tier oder Pflanze) selbst erscheint vor einem nicht ausgemalten, daher weißen Hintergrund. Darüber wölbt sich dann ein blauer Himmel. Dieser Aufbau gibt der gesamten Handschrift ihre unverkennbare Grundstruktur und erzeugt eine räumliche Perspektive. Diese wird noch dadurch verstärkt, dass gelegentlich etwa Wege, Felsen oder Flüsse angedeutet werden. Das Ziel des Malers war zweifellos, das Tier bzw. die Pflanze in einer stark stilisierten Landschaft zu situieren. Diese Absicht steht ganz im Gegensatz zu den Darstellungen in den anderen Handschriften, welche die Drogen vor ganz neutralem Hintergrund abbilden. Kaum Wert legte der Illustrator dagegen auf eine ›naturgetreue‹ Darstellung seiner Gegenstände. Die Tiere bzw. die Blätter und Blüten sind insgesamt vage gezeichnet; selbst deren Farbgebung ist meist nur sehr verwaschen.

Bildthemen:

Nur etwa ein Viertel der Illustrationen stimmt mit den analogen Abbildungen der anderen Handschriften überein oder weist zumindest signifikante Ähnlichkeiten mit diesen auf. Daraus ist zu schließen, dass der Zeichner über Bildvorlagen verfügte, die primär nicht mit Hartliebs ›Kräuterbuch‹ in Verbindung standen. Damit wären auch die vielen Missverständnisse zu erklären, die ihm bei seinen Illustrationen unterliefen, wie beispielsweise die gleiche Darstellung unterschiedlicher Pflanzen. So gleichen einander die Darstellungen von Corona regis (30v) und Basilikum (63v), von Apium (49v) und Diagridi (80v) sowie von Balaustia (20v) und Malagranata (114v). In diese Richtung weist auch die Darstellung von Bäumen als Kräuter oder Sträucher, z. B. Ficus (39v), Camphora (75v), Dactilus (77v) und Nux muscata (128v) und umgekehrt Diptanus (76v) und Iuniperus (99v). Auf die Abbildung der Pflanzenwurzel, die bei einer großen Zahl der Drogen den medizinischen Wirkstoff beinhaltet, wird hier, im Gegensatz zur übrigen Überlieferung, zumeist gänzlich verzichtet; eine Ausnahme bilden lediglich die Illustrationen zu Dragonthea (42v) und Rapa (146v).

Eine Folge der fehlerhaften Bindung ist, dass an den Schnittpunkten der zusammengehörigen Textblöcke Bild und Text nicht übereinstimmen: 16v Bild: (Kap. 15) Absintheum – 17r Text: (Kap. 31) Bethonica; 31v Bild: (Kap. 46) Crocus – 32r Text: (Kap. 68) Eupatorium; 41v Bild: (Kap. 78) Gegruers – 42r Text: (Kap. 58) Diagridi; 48v Bild: (Kap. 65) Epithimum – 49r Text: (Kap. 15) Absintheum; 64v Bild: (Kap. 31) Bethonica – 65r Text: (Kap. 65) Epithimum; 67v Bild: (Kap. 68) Eupatorium – 68r Text: (Kap. 46) Crocus; 80v Bild: (Kap. 58) Diagridi – 81r Text: (Kap. 78) Gegruers. Diese fehlerhafte Bild-Text-Zuordnung wurde ganz offensichtlich von den Eigentümern des Codex nicht erkannt, da nirgendwo diesbezügliche Korrekturen zu finden sind.

Die fehlerhafte Kapitelabfolge und die mehrfache falsche Text-Bild-Zuordnung können darauf hinweisen, dass die Handschrift in einer größeren Schreibstube hergestellt wurde, in der mehrere Personen an ihrem Herstellungsprozess beteiligt waren, ohne ihre Arbeiten aufeinander abzustimmen. Die Vermutung, dass der Codex von einem Schreiber und einem Illustrator verfertigt wurde, denen die Thematik dessen, was sie schrieben und malten, ziemlich fremd war, wird verstärkt durch die Beobachtung, dass der Rubrikator nicht selten falsche Initialen in die vom Schreiber dafür frei gehaltenen Räume malte. Allem Anschein nach waren ihm viele der lateinischen Pflanzennamen unbekannt.

Farben:

Grün, Braun, Blau, Ockergelb, selten: Rosa, Rot, Lila, Grau und Schwarz.

Faksimile:

Anholter-Moyländer Kräuterbuch. Faksimile-Ausgabe. Stiftung Museum Schloss Moyland. Bedburg-Hau 2004.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XLVIIa: 9v. Elefant.

Taf. XLVIIb: 173v. Veilchen.

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Taf. XLVIIa.
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Taf. XLVIIb.