51.11.1. Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. Berol. germ. quart. 357 (ehemals Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz)
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 6
Mitte bis Ende 14. Jahrhundert.
Südwestdeutsch.
Zu einem unbekannten Vorbesitzer vgl. den Exlibris-Stempel S. 106: J.H. – sibi et amicis. Aus dem Besitz des Germanisten Prof. Johann Gustav Gottlieb Büsching (Breslau) nach Berlin gekommen, im Zweiten Weltkrieg ausgelagert, bei
S. 1a–106b |
Leben des heiligen Franziskus, Verslegende (nach Bonaventura, Legenda maior)
S. 1a–36b Vita (Anfang fehlt; setzt mit der Erzählung von Krankenheilungen [1a–b Heilung durch Brosamen] ein), darin S. 11b–16b Bulle Alexanders IV., lateinisch Alexander episcopus servus seruorum Dei venerabilis […] Benigne diuine operacio … (Schluss fehlt wegen Blattverlusts) S. 36b–106b Mirakelsammlung Amen daz wort durch suezen clanc … (Schluss fehlt) |
Pergament, 53 Blätter (moderne Bleistiftpaginierung; Blattverluste: vor S. 1 mehrere Lagen, nach S. 16 und S. 52 jeweils ein Blatt, nach S. 106 weitere Blätter), 205 × 150 mm, stark beschnitten, zweispaltig, 29–33 Zeilen, gotische Buchschrift, ein Schreiber, Verse abgesetzt, rote Linie durch die Versanfänge, rote Überschriften, Caput-Zeichen, Abschnitts-Lombarden über zwei Zeilen.
alemannisch.
Von einem vermutlich umfangreicheren Bilderzyklus sind lediglich zwei ganzseitige Federzeichnungen erhalten: S. 26 und S. 46, ein Zeichner.
die Zeichnungen in doppelten Federstrichumrahmungen in Schriftspiegelgröße (ca. 155–160 × 125–130 mm), der zugehörigen Textstelle vor Beginn des nächsten Abschnitts nachgestellt.
die Bildfelder beherrscht von hochgewachsenen Figuren mit nur den allernotwendigsten Gegenständen (Totenlager, Bett, Kelch); dabei überlagern die großformatigen und dem Betrachter in Nahsicht vorgestellten Bildelemente mehrfach den Rahmen, der so als Ortsangabe die Figuren noch weiter in den Vordergrund treten lässt. Hintergründe freibleibend. Den Zeichner, südwestdeutschen Händen um 1400, etwa der Freiburger Werkstattgruppe um Rüdiger Schopf nahestehend, charakterisiert eine weiche, klare Linienführung mit Betonung der Konturen und fließender Modellierung der Gewandfalten ohne Binnenzeichnung; kennzeichnend die Haken zur Gesichtsmodellierung bei Papst Gregor (S. 41) und einem der vier Mitbrüder des Franziskus (S. 26). Leicht mit Wasser- und (vor allem entlang der Konturen) Deckfarben in stumpfem Kolorit laviert, sehr viel freistehender weißer Pergamentgrund.
S. 26 Sterbeszene: Vision des Bruders, der am Sterbebett des Franziskus dessen Seele in Gestalt eines Sterns zum Himmel fahren sieht (die Namensinschrift Augustinus verweist auf die bei Bonaventura erst folgende Episode vom sterbenden Bruder Augustinus, der im Augenblick von Franziskus’ Tod wieder sprechend wird und Franziskus in den Tod nachfolgt), S. 41 Vision des Papstes Gregor: Franziskus erscheint dem Papst Gregor, der das Blut seiner Seitenwunde auffängt (S. 41 mit Namensinschrift Gregorius der Babest von Schreiberhand).
Abb. 51.28: S. 26. Leben des heiligen Franziskus: Vision am Sterbebett: Franziskus’ Seele fährt zum Himmel.