KdiH

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38.3.4. København, Det Kongelige Bibliotek, Thott 290 2º

Bearbeitet von Rainer Leng

KdiH-Band 4/2

Datierung:

1459 (103v).

Lokalisierung:

Südwestdeutsch.

Besitzgeschichte:

Zunächst im Besitz Hans Talhoffers (10v, 101v, 103v), dann in der Privatsammlung des Grafen Otto Thott, die er 1785 testamentarisch der Königlichen Bibliothek übertrug.

Inhalt:
1. 1r–11v Hans Talhoffer, Fechtbuch, Teil I

1r–1v Gereimte Fechtregeln

›Zorn ort der brust czu bort / czu baiden siten vber schiessen‹

1v Prosatext zum Fechten

›Item die glos der rechten kunst nach dem als die maister die abgeteilt hand‹

2r–5v Liechtenauers Fechtkunst in der gereimten Bearbeitung Talhoffers

›Hie lert der talhofer ain gemaine ler in dem langen Schwert von der zetel etc. / Wiltu kunst schowen / So vicht gelingg gen recht mit howen‹

8r–10v Prosatext mit Verhaltensmaßregeln und juristischen Bemerkungen zum Kampffechten

›Hie vint man geschriben von dem kempfen. Item wie daz nun sy daz die decretales kempf verbieten So hat doch die gewonhait herbracht von kaisern vnd kunigen‹

11r–11v Selbstbildnisse Talhoffers (mit Zettel beim Dikat an einen Schreiber und einen Gehilfen mit Knotenschnur; eine Eisenkette zerreißend)

2. 12r–15r Bildkatalog Jagdszenen, Armbrustschießen, Luftmatratze, zerlegbarer Wagen, illustrierte Spruchweisheiten, Schwimmhilfen, Kriegsgerät
3. 15v–48v Konrad Kyeser, ›Bellifortis‹, deutsch (Auszüge aus der 7-Kapitel-Fassung mit enger Prosaübersetzung der lateinischen Hexameter); 28v Vergolden eines Blumenkranzes
4. 49r–139r Hans Talhoffer, Fechtbuch, Teil II

49r–60v Bildkatalog zur Ringkunst mit Beischriften

61r–71r Bildkatalog zum Kämpfen mit Dolchen im Kampfring bis zum Tod des Gegners, mit Beischriften

71v–74v Bildkatalog zum Kämpfen mit dem Luzerner Hammer im Kampfring, mit tödlichem Ausgang

75r–79v Bildkatalog Kämpfe im Kampfring mit ungleichen Waffen und tödlichem Ausgang, mit Beischriften

80r–84r Bildkatalog Kampf Mann gegen Frau im Kampfring, er im Grüblein mit einem kurzen Holzspieß, sie mit einem Stein in einem Tuch, mit Beischriften

84v–94r Bildkatalog Kampffechten im Harnisch und ohne Harnisch, mit Langschwert und Lanze im Kampfring mit tödlichem Ausgang, mit Beischriften; Szenenfolge beginnend mit dem Einritt der Kämpfer in den Ring, begleitet von Herolden und endend mit dem Gebet des Siegers, einer Abbildung des Toten, dem ein Teufel aus dem Mund entflieht (93v), und dem Betten des Toten in den anfangs bereitgestellten Katafalk, mit Beischriften

94v–97r Bildkatalog Kampf Ungewappneter zu Pferd mit Schwert, Lanze und Armbrust

97v–101r Bildkatalog Kampffechten nach schwäbischem und fränkischem Recht im Kampfring (mit Stechschilden und Schwertern bzw. Stechschild und Streitkolben), mit tödlichem Ausgang, mit Beischriften

101v–102r Selbstbildnisse Talhoffers: eine Lanze mit Spruchband Hie Maister Hanns Talhofer haltend, daneben Schwertkämpfer; Fechterwappen (Talhoffers?), Krone vor gekreuzten Schwertern, flankiert von den Evangelistentieren Adler und Löwe, der Adler mit einem Spruchband bedenck dich Recht

102v–103r Kampffechten nach schwäbischem und fränkischem Recht

103v Datierung und Schreibervermerk Michel Rotylers

104r–110r Bildkatalog zu Kampfwaffen und -kleidung; Stechschilde, Kolben, Schwerter, Dolche, Degen, Klingenbrecher, Stangenwaffen, mit Beischriften

110v–117r Kampffechten nach schwäbischem und fränkischem Recht

117v–123v Fechten mit Schwert und Buckler im Kampfring mit tödlichem Ausgang

124r–130r Fechten mit und ohne Harnisch zu Pferd im Kampfring, unterschiedliche Bewaffnung: Schwerter, Lanzen, Armbrüste

130v Turnierszene, Anrennen zweier Reiter im vollen Harnisch mit Lanzen und Turnierkrönlein

131r–137v Kampf mit dem Luzerner Hammer, meist mit Harnisch, im Kampfring mit tödlichem Ausgang

138r–139r Ringen

5. 140v–142v Traktat über die inneren Organe des Menschen, evtl. ›Liber nonus ad Almansorum‹?, deutsch (141v ›Maister allmonser spricht in dem buͦch daz da haisset panthagin), beginnend 142v:

›Hie fähet an ain buͦch vnd daz da saget wie der lyb innwendig gestalt Sye. Item hie an dem ersten von dem hirn. Daz hiern gyt allen gelidern verstantnus‹

6. 142v–148v Planetenkinderlehre, beginnend 148v:

›Hie stant geschriben von saturnus der da ist alt vnd kalt vnrain hässig vnd nydig also sind mine kind die vnder mir geboren werdent. Saturnus ist der obrost planet‹

7. 149v–150r Hebräisches Alphabet mit Lautumschriften, Hebräische Sätze mit Interlinearumschriften; 149v Bild eines lehrenden Juden ›Hie lert der Jud Ebreesch‹
8. 150v Algebraische Zahlenreihe, Münztabelle
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 150 Blätter (moderne Foliierung, 140–150 in umgekehrter Reihenfolge von hinten her einsortiert), 300 × 210 mm, Bastarda von einer Hand, Schreibernennung 103v schrib mich Michel Rotwyler für war (Namensnennung nochmals 149v mit hebräischer Transkription), nur 10rv von anderer Hand (Autograph Talhoffers?), 79v, 80r und 93v ergänzende Bemerkung von späterer Hand (16. Jahrhundert, Kursive), einspaltig, 25–30 Zeilen, 10rv 27–34 Zeilen, rote, meist dreizeilige Lombarden, rote Kapitelüberschriften, sonst nicht rubriziert.

Schreibsprache:

schwäbisch.

II. Bildausstattung:

257 aquarellierte Federzeichnungen, laut Kolophon 103v wurden die Fechterabbildungen unmittelbar nach lebenden Modellen (Talhoffer und Gesellen) gezeichnet, woran Rotwyler wohl nicht selbst beteiligt war: Anno domini 1459. Item daz buͦch ist Maister hannsen talhofers vnd der ist selber gestanden mit sinem lybe bis daz man daz buͦch nach Im gemalet hat vnd daz ist gemalet worden vff pfingsten In dem Iar nach der gepurt vnsers lieben herren Cristi Tusent vierhundert vnd dar nach in dem Nün vnd fünfftzigosten Iar schrib mich Michel Rotwyler für war.

Format und Anordnung:

15r–47v, 104r–110v, 149v ganzseitig im Hochformat unter 2–10zeiligen Beischriften, sonst ganzseitig im Querformat mit 150– 180 mm hohen Figuren mit ein- bis zweizeiligen erläuternden Beischriften über den Köpfen oder in der oberen Bildmitte, ungerahmt.

Bildaufbau und -ausführung:

15r–47v (›Bellifortis‹) Kampfinstrumente und Burgen auf flächigem Rasengrund, gelegentliche Ansätze zu einem Landschaftsrahmen, Bauteile teils in die nachträglich angebrachte Beschriftung hineinragend, gelegentlich isolierte Darstellung einzelner Kleinwaffen; 104r–110v Waffen und Kleidung in serieller, isolierter Aufsicht; in den Fechtbuchteilen meist ein Kämpferpaar in einem aus Pfosten und Brettern gebildeten Kampfring (teils die Seite überragend, teils mit zusätzlichem Rasengrund); feine Federzeichnungen mit detaillierter Wiedergabe der enganliegenden Kleidung bzw. der Rüstungen, gelegentlich Ansätze zum Faltenwurf und Schraffuren; individuelle Gesichtszüge mit feiner Zeichnung von Bart- und Haartracht, lebendige Figuren mit genauer Zeichnung der Stellungen, Aktionen und oft ineinander verschlungenen Körper, lediglich bei Teilen der Ringkunst Figuren mit überproportional langen Armen; kräftige Farbgebung, in der Bekleidung teils flächig, teils mit feinen Verläufen, mit Federstrichen angedeutete Stickereien.

Bildthemen:

Verschiedene Kampftechniken in wechselnder Bekleidung und Bewaffnung, gelegentlich erzählerische Bilderfolgen über den Verlauf von Kämpfen mit wiederkehrenden Protagonisten vom Kampfbeginn bis zur Tötung des Gegners, häufig mit drastischen Darstellungen schwerer Verletzungen, blutender Wunden und abgeschlagener Köpfe und Glieder (76v, 79v, 93r, 123r); auffällig die häufigen Selbstdarstellungen Talhoffers (11rv, 101v–102r); 73v ein Kampf gegen einen Mohren; unter den auf Thalhoffer zurückzuführenden Handschriften liegt hier die vollständigste und thematisch am weitesten gespannte vor.

Farben:

Schwarz, Grau, Blau, Ocker, Grün, Bordeaux, Rot.

Literatur:

Bruun (1890) S. 219. – Hils (1983) S. 103 f. 105–109, Abb. Nr. 1 (102r); Hils (1985a) S. 74–79 (Nr. 27). 161–883, Abb. Frontispiz (102r). Anlage 2.2,4 (100r). 2.3,4 (67r). 2.4,4 (62v). 2.5,4 (57v); Müller (1992) S. 271–273; Keil (1995) Sp. 592–595; Schulze (2006) Abb. 16 (77r). 17 (11v). 18 (102r); Schulze (2007) S. 23, Abb. 8 (102r). 9 (11v). 19 (89v). 20 (107r). 45 (106r). 46 (99v). 47 (135r). 50 (110r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. IV: 93v. Hans Talhoffer, Fechtbuch: Gebet des Siegers vor dem getöteten Gegner.

Abb. 20: 11r. Hans Talhoffer, Fechtbuch: Autorbildnis Talhoffers.

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Taf. IV.
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Abb. 20.